Es ist ein Kammerspiel. Nur, dass die Kammer hier kein Einfamilienhaus in der Einschicht ist, kein geheimer Bunker und kein Gerichtssaal – sondern die Sixtinische Kapelle. Dort, im Vatikan, ist Edward Bergers Thriller „Konklave“ nach dem Roman des britischen Bestsellerautors Robert Harris verortet. Und wie der Titel schon verspricht, geht es um die Wahl eines neuen Papstes. Denn der alte Pontifex ist gestorben, plötzlich. Mit wem hat er zuletzt geredet? Worüber eigentlich? Und warum wurde sein Tod erst so spät gemeldet? Kardinäle aus der ganzen Welt reisen nach Rom, um aus ihrer Mitte einen neuen Papst zu wählen – abgeschottet von der Außenwelt.
„Konklave“: Kardinal Lawrence im Glaubenszwiespalt
Mit der Aufgabe wurde Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes) bedacht. Er soll die Herren unter ihren maßgeschneiderten Roben durch das Konklave führen. Solange, bis weißer Rauch aufsteigt. Dabei steckt ausgerechnet Lawrence selbst in einer tiefen Sinnkrise, zweifelt den Glauben an und muss gleichzeitig das Prozedere dirigieren und die Machthungrigen leiten. Manche wohl auch verleiten, damit der eine oder andere für den Kandidaten seiner Wahl stimmt.
Der rituelle Akt steckt voller Symbolik, die „Konklave“ in jeder Szene auskostet. Die Dialoge von Drehbuchautor Peter Straughan sitzen. „Das ist ein Konklave, kein Krieg“, heißt es einmal. Konter: „Es ist ein Krieg. Du musst dich bekennen, wo du stehst.“
„Konklave“ als hoch spannender Politisthriller
Der deutsche Filmemacher Edward Berger, dessen Kriegs-Epos „Im Westen nichts Neues“ u.a. bei den Oscars viermal ausgezeichnet wurde, entert mit „Konklave“ eine Kampfzone hinter dicken Mauern. Berger inszeniert das als hoch spannenden Politthriller mit Twist und einer Schlusspointe, die an dieser Stelle nicht gespoilert werden soll.
Es wird intrigiert, gepackelt und gelogen, was das Zeug hält. Die Herren im patriarchalen System katholische Kirche stecken ihre Köpfe unter dem Pileolus zusammen, schmieden Allianzen, verraten die Konkurrenz. Hinter jeder Tür in diesen alten Gemäuern lauert, so scheint es, eine neue Gefahr. Optisch ist der Film mit der Choreografie von scharlachroten Soutanen, Detail-Aufnahmen sowie entrückten Vogelperspektiven eine Augenweide.
Es ist großes Kino, in den Augen von Ralph Fiennes zu sehen, was er über die einzelnen Kardinäle denkt und wie er seine Zweifel auf den Treppen und in den ewig langen Korridoren herträgt. Alle Machtspielchen und alle Wendungen in dieser Wahl spiegeln sich in seinem Gesicht wider, die Kamera (Stéphane Fontaine) bleibt drauf. Die Typenparade unter den Anwärtern ist fantastisch gezeichnet: Da wäre der konservative Italiener, der die Kirche im Ansehen um Jahrzehnte zurückwerfen würde, dort ist der liberale Amerikaner und dann betritt auch noch ein Fremder die Bühne, ein idealistischer Kardinal aus Mexiko, der vom Pontifex in Kabul (!) eingesetzt worden ist. Schwester Agnes (Isabella Rossellini) beobachtet die Machtspielchen im Männerreigen aus der Distanz, bis sie einmal ihre Stimme erhebt.
Bewertung: ●●●●○