Es gehört eine gewisse Experimentierfreudigkeit dazu, einen schrägen Erfolgsroman wie Ferdinand Schmalzs „Mein Lieblingstier heißt Winter“ als Musiktheater zu versuchen und dafür auch noch das Format Operette auszuwählen. So durfte man sich mit einiger Spannung auf den ersten Teil der im Serienformat konzipierten „Fortsetzungsoperette“ freuen, der am Sonntag auf der Studiobühne der Grazer Oper Premiere hatte.
Die Handlung ist einigermaßen grotesk: Der krebskranke Tiefkühl-Kunde Dr. Schauer will Selbstmord begehen und sich von dem Angestellten Franz Schlicht entsorgen lassen. Als Schlicht die Leiche nach langem Zweifeln, ob er den Auftrag überhaupt annehmen soll, abholen will, ist diese verschwunden. Da taucht die Tochter des Verschwundenen auf. Mit diesem klassischen „Cliffhanger“ endet der erste Teil.
Kongeniale Musik von Lukas Kranzelbinder
Regisseur Alexander Charim, seines Zeichens Theaterkurator der Europäischen Kulturhauptstadt 2024 Bad Ischl-Salzkammergut, im Rahmen derer das Projekt entstand, gelingt es nicht zuletzt mit Hilfe der kongenialen Musik von Lukas Kranzelbinder und dem von Schmalz höchstpersönlich geschriebenen Libretto, der Romanvorlage durchwegs gerecht zu werden. Unterschiedlichste Genres vom Wienerlied zu Chorälen harmonieren mit Schmalzs zu Liedtexten verdichteten Textpassagen: „Der Schimmel kam erst mit der Zeit, der Teufel war schon vorher da“ erweist sich gar als Instant-Klassiker.
Erfrischend und voller abgedrehter Komik die Schauspieler/Gesangsleistungen: Tino Hillebrand ist der überforderte Anti-Held Schlicht, Sieglinde Feldhofer ein Addams-Family-tauglicher Dr. Schauer, Raphaela Möst ein umwerfender Kanarienvogel. Gelungen auch die reduzierte, die Musik integrierende Bühne von Ivan Bazak.
Den ersten Teil gibt es noch drei Mal zu sehen, am 28. November folgt Teil zwei. Für die restlichen Folgen muss sich das Publikum bis 2025 und 2026 gedulden.
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Andreas Stangl