Veni Vidi Vici

Der Pool geht bis zur Wohnzimmer-Couch, Personal rund um die Uhr, Fangenspielen zwischen Designmöbeln: Amon Maynard (schleimig: Laurence Rupp) und seine ältere Frau Viktoria (Ursina Lardi) führen ein perfektes Patchworkleben wie aus dem Katalog. Der Investor hat ein spezielles Hobby: Er geht gerne auf die Jagd. Im Visier hat er keine Tiere, sondern Menschen. Das Regie-Duo Julia Niemann und Daniel Hoesl treiben die Abgründe der Superreichen – und unsere Faszination für sie – in ihrer bissigen Gesellschaftssatire „Veni Vidi Vici“, uraufgeführt am Sundance Festival, auf die Spitze. Denn: Die Maynards haben ihr eigenes Rechtssystem etabliert, die Macht folgt dem Geld wie eine läufige Hündin. Denn: Obwohl immer mehr vom mörderischen Hobby Maynards wissen, passiert – nichts. Mit Töchterchen (Olivia Goschler) scharrt schon der skrupellose Nachwuchs in den Startlöchern. „Succession“ war erst der Anfang, „Veni Vidi Vici“ ist besser, böser sowieso. (js)
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The Crow

Der ersten Verfilmung von „The Crow“, der pechschwarzen Graphic Novel von James O‘´Barr, sagt man nach, die Goth-Kultur der 1990er stark beeinflusst zu haben. Am Set passierte eine Tragödie: Brandon Lee starb am Set. Der atmosphärische Mix aus Horror- und Heldenmythos kann sich noch immer sehen lassen. Im Gegensatz zur Neuauflage. Die Rolle des Eric Draven, nun vereinsamter Suchtkranker, spielt Bill Skarsgård. Die Grundstory bleibt gleich: Eric stirbt und wird im Fegefeuer von einer Krähe wiederbelebt, um sich an seinen und den Peinigern seiner Geliebten (Musikerin FKA Twigs) zu rächen. Wird der Racheplot in die Wege geleitet, weichen die tragischen Nuancen banalen Genre-Spielereien. Ein missglücktes Remake. (pog)
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Trog

In ihrer persönlichen Doku „Trog“ erzählt Ella Hochleitner vom NS-Grauen im Salzburger Goldegg und wie es sich in ihre Familienhistorie eingeschrieben hat. Der titelgebende Trog ist Bauernhof und stiller Zeuge. Mit ihren elf Cousins und Cousinen kehrt sie hierher zurück. Sie schreitet mit ihnen durch die leeren Zimmer und legt so eindringlich Erinnerungen und Abgründe frei. Denn: Hier zieht Theresia Hochleitner 14 Kinder groß. Ihr Mann wird am 2. Juli 1944 als einer von 14 Kriegsverweigerern bei einer Razzia erschossen. Theresias zweiter Mann vergewaltigt und schwängert ihre Tochter. „Trog“ dokumentiert ruhig grausame Kriegs- und Nachkriegsgeschichte; getragen vom Willen, die Familie trotz allem zusammenzuhalten. (js)
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Beetlejuice Beetlejuice

In Venedig zur Eröffnung bejubelt: Poltergeist Beetlejuice (Michael Keaton) macht dort weiter, wo er 1988 aufgehört hat: laut, ungehobelt, teuflisch unterhaltsam. Da platzen Babys schon einmal aus Bäuchen, werden Zwangshochzeiten arrangiert oder Angebetete Lydia Deetz (Winona Ryder) gestalkt. Wie der unkorrekte Vorgänger spielt auch „Beetlejuice 2“ mit bissigem sozialen Kommentar. Überraschend gut und teuflisch unterhaltsam. (sg)
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Mutt

Das Drama mit politischem Hintergrund rückt 24 stressige Stunden im Leben von Feña, einem jungen Latino aus New York, in den Fokus. In seinem Debüt erzählt Vuk Lungulov-Klotz von emotionalen Wiedersehen mit dem Ex-Freund und der kleinen Teenie-Schwester. Denn: Feña war früher eine Frau, großartig gespielt von Lio Mehiel. Trans-Identität wurde selten so alltäglich miterzählt. „Mutt“ ist kein Problemfilm, sondern wunderbares US-Indie-Kino. (maw)
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Ezra

Er ist elf und Autist. Als er in eine Förderschule versetzt wird und einen Haufen Medikamente nehmen soll, kidnappt der Comedian-Vater (Bobby Cannavale) seinen Sohn Ezra (William Fitzgerald), um mit ihm nach L.A. zu fahren. Die Ex von Max (Rose Byrne) und sein Vater (Robert DeNiro) nehmen die Verfolgung auf und liefern sich ein Wettrennen mit dem FBI. Starkes Roadmovie über Verantwortung, Familie und Inklusion. (js)
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Das Flüstern der Felder

Auf „Loving Vincent“ folgt das nächste Werk von DK und Hugh Welchman. Basierend auf dem mit dem Nobelpreis gekröntem Roman „Die Bauern“ wird die Geschichte von Jagna erzählt, die sich Ende des 19. Jahrhunderts im bäuerlichen Polen gegen das Patriarchat auflehnt. Mehr als 100 Künstlerinnen und Künstler sind für die Gemälde des bezaubernden Animationsfilms verantwortlich. Kino als Entschleunigung. (js)
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