„Der Liebe weites Meer trocknet niemals aus.“ Diese Gedichtzeile aus dem Werk der Vietnamesin Hồ Xuân Hương ist das Leitmotiv in der Graphic Novel von Mikael Ross. „Der verkehrte Himmel“ ist so poetisch wie grausam, so dramatisch wie liebevoll.

Meisterhaft verwebt der Münchner Comic-Autor in dieser in Schwarz-Weiß gehaltenen Graphic Novel die Geschichte einer vietnamesischen Einwanderer-Familie in Berlin mit einer Kriminalhandlung. Tâm und ihr Bruder Dennis, der ganz köstlich als liebenswürdiger Heavy Metal-Satanist gezeichnet ist, leben in einem Betonklotz in Berlin, ihre Eltern kommen aus Vietnam und betreiben ein Lokal. Während Dennis versucht sich gegen die doch recht offensiven Umwerbungsversuche der Kung Fu-Lady Marina zu wehren, gerät Tâm in eine überaus verzwickte Situation: sie hilft der Vietnamesin Hoa Binh, die dem Menschenhändler Boris entwischen kann.

Zivilcourage

Binh hat eine schreckliche Geschichte des Missbrauchs hinter sich. Tâm zeigt Zivilcourage, bringt die junge Frau in den Schrebergarten von Möchtegern-James-Bond Alex unter und bekommt Ärger mit Boris. Die vielen Ebenen der Graphic Novel fließen ganz unbeschwert ineinander: Das Coming-of-Age-Drama, das Thema des Menschenhandels, die vielen Sub-Themen wie Anerkennung finden oder Selbstverwirklichung. Trotz ständig drohender Gewalt hält Ross die Humanität hoch und bringt Liebe, Courage und gegenseitige Wertschätzung auf jeder Seite in Stellung.

„Der verkehrte Himmel“ ist politisch relevant, gegenwärtig und menschlich, ein kleines Meisterwerk des deutschsprachigen Comics.

Mikael Ross. Der verkehrte Himmel. Avant-Verlag, 344 Seiten, 29,50 Euro
Mikael Ross. Der verkehrte Himmel. Avant-Verlag, 344 Seiten, 29,50 Euro © Verlag