Im Weltall hört dich keiner schreien. So bewarb Ridley Scott 1979 seinen Horrorklassiker „Alien“. Eine Weltraumfrachter-Crew wurde in diesem von einem monströsen Wesen dezimiert, das mit seinem ätzenden Blut, metallischen Zähnen, dem knochigen Körper und der messerscharfen Schwanzspitze das Genre nachhaltig prägte. Viele Filme wollten so sein wie „Alien“. Auch James Camerons „Aliens – Die Rückkehr“ wollte nochmals so sein wie „Alien“.
Ein dritter und vierter Teil von David Fincher und Jean-Pierre Jeunet konnte jedoch nicht mehr an die Erfolge anknüpfen. Scotts Rückkehr mit zwei Vorgeschichten war ambitioniert, aber zu verstrickt in philosophische Menschheitsfragen. Die zwei Crossovers „Alien vs. Predator“ sind im Filmsumpf der 2000er verschwunden.
Regisseur Fede Alvarez, der sich schon mit „Evil Dead“ (2013) und „Texas Chain Saw Massacre“ (2022) zweier Horrorklassiker angenommen hatte, trat mit einer neuen Idee an Scott heran. Der Clou: keine Frachtarbeiter, keine Soldaten, keine Wissenschaftler. Erstmals steht im Mittelpunkt die Jugend. Wie würde diese das Leben in den Kolonien der Weyland-Yutani erleben? Jener Firma, die Film um Film versucht, die Aliens in eine Biowaffe umzuwandeln?
Im Falle von Rain (Cailee Spaeny), dem Androiden Andy (David Jonsson), den Geschwistern Tyler (Archie Renaux) und Kay (Isabela Merced), deren Cousin Bjorn (Spike Fearn), sowie Navarro (Aileen Wu) treibt sie der Wunsch an, nicht ewig auf einem Weyland-Minenplaneten festzusitzen. Sie kapern ein Schiff und fliegen zu einer verlassenen Raumstation, die über ihrem Planeten schwebt, um dort Equipment für eine Flucht zu stehlen. Doch die Raumstation, aufgeteilt in die zwei Hangar Romulus und Remus, ist nicht verlassen. Ein Signal piepst tief in ihrem Inneren.
Zurück auf Anfang
Wer dort auf die Gruppe wartet, muss wohl nicht weiter erläutert werden. Alvarez versteht, was es braucht, um einen „Alien“-Film zu machen. Er geht zurück auf Anfang. Der Film ist eine große Liebeserklärung an die komplette Filmreihe. Die Handlung verstrickt sich aber nie in billigem Fanservice, sondern schafft die Gratwanderung zwischen dem Zitieren der ikonischsten Momente und einer eigenständigen Identität.
So sind in den Schiffen statt modernster Technik wieder die alten Röhrencomputer des Originals und dunkle Hexagon-förmige Gänge zu sehen. Doch die einstige dunstig-blaue Färbung ist einem Spiel aus kontrastreichen Schwarz-Rot-Orange-Tönen gewichen. Die obskuren Formen des Aliennests sind noch bedrohlicher in Szene gesetzt. Allein gegen Ende verlässt Alvarez ein wenig der Mut zum Eigenständigen, die Hommage wirkt zu recycelt. Doch in der Summe ist dieser Horrortrip das, was die Reihe gebraucht hat: frisches Blut.
Bewertung: ●●●●○
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Susanne Gottlieb