Wenn Kabarettistinnen zur Feder greifen, aus der Literatur fließen soll, besteht die Gefahr, dass sie das Buch mit der Bühne verwechseln und in jedem Satz eine lustig-resche Pointe platzieren wollen. Ulrike Haidacher, als Teil des Theaterkabarett-Duos Flüsterzweieck vielfach ausgezeichnet, begeht diesen Fehler auch in ihrem zweiten Roman „Malibu Orange“ nicht. Ihr Roman-Debüt „Die Party. Eine Einkreisung“ war eine gelungene, sprach- und ideenoriginale Satire auf die verlogene Liberalismus-Attitüde der Kunstschickeria, das neue Werk verhandelt eine Reihe von brennenden, ja existenziellen Themen. Sie tut das mit einer unverkrampften Leichtigkeit, gut dosiertem Humor und immer großem Respekt vor den Verletzungen und Verwerfungen ihrer Figuren.
Und davon gibt es genügend. Anja, diplomierte Krankenpflegerin Anfang 30, kehrt nach einem Burn-Out ins Elternhaus im obersteirischen Industriekaff zurück. Im Kinderzimmer hängt noch das Avril-Lavigne-Poster, im Café Ulli wird Malibu Orange und Pfirsichspritzer gesüffelt. In Alkohol getränkte Nostalgie, die natürlich nicht funktioniert. Zurückzukehren zu dem, was man einmal war, hat noch nie geklappt. Vor allem auch deshalb, weil Anja bald feststellen muss, dass sich ihre beste Freundin Magda radikal verändert hat. Bislang ein Freigeist, Weltenbummlerin, klebt sie plötzlich an ihrem neuen Freund Volker. Ein blasser Typ, der sein Granola selbst macht und Gamben baut. Ein Mann mit schwerer Kindheit, der offen mit seinen Gefühlen umgeht und auch weinen kann. Anja findet ihn bald zum Kotzen.
„Malibu Orange“ ist ein Buch über Freundschaft und den Verlust davon; über das große Alleinsein, Orientierungslosigkeit, Identitätsverlust, Generationenkonflikte und schließlich über den Tod. Schwere Brocken, die Haidacher nie auf die leichte Schulter nimmt, die sie aber mithilfe ihrer spitzen Sprachaxt zerkleinert und damit leichter verdaulich macht. Haidacher schreibt scharfzüngig, aber nie ätzend. Mitunter gehen die Gäule etwas mit ihr durch und die Suaden geraten etwas langatmig und angestrengt, aber wenn dann das nächste Malibu Orange im Café Ulli gekippt wird, kehrte wieder Ruhe ein.
Nicht für immer. „Ich check das Leben nicht“, resigniert Anja an einer Stelle und muss einmal mehr feststellen, dass das echte Leben eher holprig als verwegen ist. Alles andere als holprig ist Ulrike Haidachers Beschreibung dieses Zustands, der wohl nicht nur auf ihre Romanfigur zutrifft.
Ulrike Haidacher. Malibu Orange. Leykam, 214 Seiten, 24 Euro.