Das zweite Wochenende der „Wiener Prozesse“, eine Dokutheaterproduktion der Wiener Festwochen, die „Zeugin“ Ursula Stenzel am Sonntag einen „Fakeprozess eines kommunistischen Intendanten, gedeckt durch eine Kulturstadträtin“ nannte, hatte unter dem Titel „Anschläge auf die Demokratie“ die FPÖ im Fokus. Die Schlusssitzung samt „Urteilsverkündung“ soll noch heute Sonntag erfolgen. Inhaltlich gab es keine neuen Erkenntnisse.

Auch am dritten Tag des zweiten der „Wiener Prozesse“ war die Liste der nicht erschienenen „Zeuginnen“ und „Zeugen“, die von Richterin Barbara Helige verlesen wurde, illuster: Ohne Angaben von Gründen waren der ehemalige FPÖ-Obmann H.C. Strache und die ehemalige Außenministerin Karin Kneissl ferngeblieben, Wochenendaktivitäten mit ihren Söhnen zogen Johann Gudenus und der Journalist Michael Nikbakhsh dem Theaterbesuch vor, der Journalist Ashwien Sankholkar entschuldigte sich mit familiären Verpflichtungen, erkrankt meldete sich der ehemalige Grazer FP-Abgeordnete Alexis Pascuttini, der daher kurzfristig von der Zeugenliste gestrichen werden musste.

Unergiebiges „Kreuzverhör“

Inhaltlich gab es im „Kreuzverhör“ der erschienenen Zeuginnen und Zeugen kaum Neues. Neos-Nationalratsabgeordnete Stephanie Krisper äußerte sich zur „Russland-Connection“ der FPÖ. Unterhaltsam wurde es kurzfristig im Dialog zwischen Julian Hessenthaler, dem Produzenten des Ibiza-Videos, mit „Verteidiger“ Marcus Pretzell, der dem „Analysten“ Details zu ähnlichen Aktionen in Deutschland und zu seinen Gesprächen mit Böhmermann entlocken wollte. Die beiden Herren einigten sich nach einem Wortgefecht darauf, das Gespräch bei einem Kaffee im privaten Rahmen fortzusetzen. Inhaltlich war dieses „Kreuzverhör“ komplett unergiebig, Höhepunkt war Hessenthalers Aussage, er warte bis heute auf einen Dankesanruf von Herbert Kickl, der parteiintern von der Affäre profitiert hat.

Ebenso überraschungslos verliefen die Befragungen des ehemaligen „EU-Bauern“ beim Villacher Fasching, Manfred Tisal, und des früheren BVT-Chefs Peter Gridling: Auch sie trug letztlich nur Altbekanntes in den „Gerichtssaal“ des Dokutheaterprojekts. Von der BVT-Affäre, die für Gridling die Motivation hatte, Strukturen zu zerschlagen, Leute einzuschleusen und Einschüchterung zu verbreiten, ging es u.a. zu Egisto Ott. Nach heutigem Kenntnisstand gehe er davon aus, dass dieser „tatsächlich für russische Interessen gearbeitet hat“, sagte Gridling.

Politikwissenschafter Anton Shekhovtsov, Direktor des Centre for Democratic Integrity mit Sitz in Wien, meinte u.a. Proponenten der FPÖ würden wohl im heutigen Russland sehr wohl als Ansprechpartner für die Putin-Regierung gesehen, umgekehrt seien in der Vergangenheit aber keineswegs nur FPÖ-Politiker an guten Verbindungen zu Russland interessiert gewesen, sondern auch Mitglieder anderer Parteien – „vor allem jene, die mit Big Business zu tun haben“. Es habe Hinweise, aber keine Beweise gegeben, dass FPÖ-Politiker für bestimmte pro-russische Tätigkeiten bezahlt wurden.

Die Journalistin und ehemalige Politikerin Ursula Stenzel verweigerte die Gelöbnisformel vor diesem „Fakeprozess“ mit der Begründung: „Das ist eine Theaterinszenierung, aber kein Prozess.“ Statt „der Kreativität von Milo Rau, der überzeugter Kommunist ist“, hätte sie lieber eine gute Inszenierung von „Dantons Tod“ gesehen, wo man sehe könne, wohin eine Revolution führe. An ihrer eigenen politischen Karriere bereue sie nichts, „weder, dass ich bei der ÖVP noch bei der FPÖ gewesen bin, die ich als eine bessere rechte Partei gesehen habe“. Ihre Motivation zum Wechsel sei die strengere Flüchtlingspolitik der FPÖ gewesen: „Man hat Grenzen zu schützen!“

„Verteidigerin“ Frauke Petry, die bei den Befragungen sonst kaum in Erscheinung trat, befragte am Ende des Verhandlungstages den Journalisten und Kickl-Biografen Robert Treichler zu Herbert Kickl – für Petry „der mögliche nächste Kanzler dieses Landes“, und entlockte ihm die Aussage: „Ich glaube, dass Kickl für die Phase, die wir derzeit in Europa erleben, für seine Sache ein sehr geeigneter Mann ist.“