Es kommt nicht sehr oft vor, dass sich eine weltberühmte Musikerin in einer Formation mit zwei wesentlich jüngeren Kollegen sachdienlich, aber mit dem Gewicht ihres ganzen Ausnahmekönnens unterordnet. Genau das hat die US-Pianistin Marilyn Crispell getan, als sie sich mit der dänischen Schlagzeugerin und Komponistin Michala Østergaard-Nielsen und dem schwedischen Bassisten Thommy Andersson zum Trio zusammentat. Am Donnerstag präsentierte das Trio Musik aus seinem Anfang November erscheinenden Debütalbum im Café Stockwerk, übrigens der einzige Termin ihrer laufenden Tournee außerhalb Skandinaviens.
Die neuen Stücke stammen durchwegs aus der Feder von Østergaard und tragen archetypische Titel wie „The Traveller“, „The Path“ oder „The Cave“ . Letzteres ist auch der Titel des Albums, auf das man sich jetzt schon freuen kann. Die fast zerbrechlich arrangierten Stücke erzeugen hochverdichtete Stimmungen und sind so voll intimer Emotionalität, dass sie trotz durchaus normaler Spieldauer wie Miniaturen wirken. Zwischendurch lockerten die drei die innerliche Atmosphäre durch abenteuerlustige Free-Jazz-Exkursionen auf, die daran erinnerten, dass Crispell in diesem Genre einst sogar Größen wie Cecil Taylor den gebührenden Respekt abgenötigt hat.
Andreas Stangl