Man könnte sich bei diesem Namedropping auch in der neu eröffneten Albertina-Dependance in Klosterneuburg wähnen: Andy Warhol, Alex Katz, Roy Lichtenstein, Martha Jungwirth, Maria Lassnig, Kiki Kogelnik, Günter Brus, Wolfgang Hollegha! Mit diesen Kapazundern und mehr als 70.000 Werken spielt die Sammlung der Neuen Galerie Graz leicht in der Oberliga mit. „Die Sammlung wird ständig nachgefragt“, weiß Kurator Günther Holler-Schuster um die Begehrlichkeiten aus dem In- und Ausland. Aktuell sind es vor allem die Werke von Maria Lassnig, die als Leihgaben für Ausstellungen gefragt sind.
Zwar sind Werke der Sammlung immer wieder in den eigenen Ausstellungen zu sehen, aber mit der Ausstellung „Show“ zeigt man, dass man sich vor dem nicht immer gut angeschriebenen Begriff der Blockbusterausstellungen nicht fürchtet: „Die Highlights sind ein oft nachgefragter Wunsch des Publikums“, erklärt Holler-Schuster. Während ab Herbst mit den Kapazundern der Sammlung eine Dauerausstellung kommen soll, versteht sich „Show“ als eine Art kunsthistorische Auslotung der fünf großen Bildgattungen der Malerei mit dem bestehenden Sammlungs-Ensemble – in dem eben auch Stars mitspielen. Oder wie es Peter Peer, Leiter der Neuen Galerie, skizziert: „Man kann mit der Sammlung Themen der Kunstgeschichte verhandeln“.
Landschaft, Genre, Porträt, Stillleben und Körper bilden den Überbau, darunter lässt es Kurator Günther Holler-Schuster ordentlich krachen – und das ist gut und absolut notwendig: Die romantisch-idyllischen Landschaften von Olga Wisinger-Florian und Marie Egner mögen dem Ruhepuls dienlich sein, aber es braucht Werke der Gegenwartskunst als Gegenspieler, wie etwa die orangen Hyänen eines Herbert Brandl oder die ukrainische Künstlerin Kateryna Lysovenko, die mit ihrem Werk den Krieg wie ein Raketeneinschlag mitten ins Idyll treibt. Auch beliebte Genrebilder aus dem 19. Jahrhundert, die sich dem Fremden mit dem Blick von oben herab nähern, das Exotische klischeehaft auf die Spitze treiben, sind Teil der Sammlung. Holler-Schuster hat auch diese Bilder nicht im Depot gelassen, sondern stellt etwa „Wandernde Zigeuner im Schnee“ (1880) von Gustav Seyfferth nicht nur eine Fotoarbeit von Shirin Neshat gegenüber, sondern auch „Das letzte Abendmahl“ (2018) des syrischen Künstlers Adel Dauood, der 2013 als Flüchtling nach Wien gekommen ist. Erhellende und starke künstlerische Blickwinkel auf ein gesellschaftspolitisches Dauerthema.
Ebenso unter „Fremd sein“ zu finden, sind drei Arbeiten der 2009 verstorbenen Grazer Künstlerin Susanne Wenger, die seit 1950 bei den Yoruba in Nigeria gelebt und ein einzigartiges Werk hinterlassen hat. Ihre Arbeiten sind auch in der Hauptausstellung der diesjährigen Biennale in Venedig zu sehen.
Ankäufe durch Zuwendungen, Stiftungen und Schenkungen haben für großen Zuwachs internationaler Gegenwartskunst in der Sammlung gesorgt, wie auch viele heimische Künstlerinnen und Künstler dort vertreten sind – ebenso in der Ausstellung, darunter Richard Kriesche, Hubert Schmalix, Franz Motschnig, Elke Krystufek oder Martin Roth. Es ist ein Bewahren für viele nachfolgende Generationen, wie es Peter Peer beschreibt: „Wir sind Trittbrettfahrer, wir betreuen die Sammlung und geben sie weiter“. Keine leichte Aufgabe: Nicht vorhandene Ankaufsbudgets stehen einem überhitzten und spekulativen Markt gegenüber, der Kunst nicht selten zur Ware degradiert.