„Auf den Putz zu hauen“, so lautet der diesjährige Vorsatz des „spleen*graz“. Und dazu hat das bewährt großartige Grazer Theaterfestival für junges Publikum guten Grund: Von 18 bis 24. April steht die 10. Ausgabe der biennalen Veranstaltungsreihe an. Mit satten 31 Produktionen. Das hat das Festival-Kollektiv um das Gründungsduo Hanni Westphal und Manfred Weissensteiner zum Anlass genommen, etliche neue Ideen und Projekte zu entwickeln.

Im Zeichen der Beteiligung

„Theater ist per se vielleicht nicht das erste Medium für die Jungen, kann aber sehr schnell dazu werden, wenn sie sich selbst daran beteiligen können und eine Stimme haben, um eigene Ideen zu formulieren“, sagt Weissensteiner. Genau diesem Zugang soll die Jubiläumsausgabe des Festivals gewidmet sein: Beteiligung „versuchen wir heuer in besonderem Maß“, kündigt er an.

„Kaffee mit Zucker?“: Spiel mit Fragen von Migration und Kolonialismus
„Kaffee mit Zucker?“: Spiel mit Fragen von Migration und Kolonialismus © Pablo Hassmann

Mit der Schiene „spleen*trieb“ ist der Keim dafür längst gepflanzt. Theaterprojekte der „Next Generation“ sind hier versammelt – ein Festivalkapital, ermöglicht durch die dank TaO!, Next Libertxy, Mezzanin & Co. besonders lebendige junge Theaterszene der Stadt: In „Straßenutopien“ etwa machen sich junge Spielerinnen und Spieler auf die Suche nach der idealen Gesellschaft. 14 Kinder erforschen als „Spleen*Seekers“ das Festival und geben Feedback über das, was sie wirklich interessiert. In „Es lebe der Sport“ treten Kunst und Sport zum dynamisch-kreativen Wettkampf gegeneinander an. Im Format „Resonanzräume“ werden neue Ansätze von Dialog und Begegnung zwischen Bühne und Auditorium ausprobiert. Erwähnenswert: Letzteres Projekt findet im Rahmen des EU-Projekts „Exit the Room“ statt, das der europaweiten Vernetzung junger Theaterschaffender gewidmet ist.

Gemeinschaftsprojekt in 18 Sprachen: „The Choreography“
Gemeinschaftsprojekt in 18 Sprachen: „The Choreography“ © Rebecka Holmström

International ist das Festivalprogramm ohnehin – und das auch noch ohne Sprachbarrieren: In der schwedischen Produkion „The Choreography“ (ab 10 Jahren) etwa entwickelt das Publikum selbst und gemeinsam ein Tanzstück, die Anweisungen dazu kommen aus dem Kopfhörer – in 18 Sprachen, darunter Persisch, Paschtu, Südsamisch und Deutsch. Im belgischen Musiktheaterstück „Der bleiche Baron“ (ab 10) brechen zwei Kinder die Diktate eines Unterwasser-Unterdrückerstaats, in „Kaffee mit Zucker?“ (ab 12) befasst sich die salvadorianisch-deutsche Performerin Laia RiCa mit den Folgen von Migration und Kolonisation. In „Lemniskate“ (ab 16) widmen sich zwei iranische Tänzerinnen der Widerstandsbewegung in ihrer Heimat. Und „Pinokkio“ aus Belgien (ab 14!) ist hier kein Kinderstück, sondern eine Erkundung jugendlichen Körperbewusstseins. Derweil denkt die Schweizer Produktion „Sing Me a Love Song“ (ab 14) entlang an Liebesliedern über heutige Beziehungsmodelle nach. 

„Sing Me A Love Song“: mitLiebesliedern heutigen Beziehungsmodellen auf der Spur
„Sing Me A Love Song“: mitLiebesliedern heutigen Beziehungsmodellen auf der Spur © Junges Theater Basel

Identitätssuche als roter Faden

Identitätssuche ist im Theater für Kinder und Jugendliche immer ein roter Faden. „Es betrifft speziell die Jungen, aber eigentlich suchen wir ein ganzes Leben danach“ stellt Hanni Westphal fest. Folgerichtig ist „spleen*graz“ auch immer eine Einladung ans erwachsene Publikum – nicht nur als Begleitpersonal der Jüngsten, für die es etliche Musik-, Spiel- und Tanzprojekte gibt: Bei „Tiébèlé“ (ab 2 Jahren) wird gemalt und musiziert, im „Club Origami“ (ab 2) ein Land aus Spiel und Papier erkundet, in „Der Wischmopp des Monsieur Mutt“ (ab 4) erwachen Alltagsgegenstände zum Leben.

Lebhaft: „Der Wischmopp des Monsieur Mutt“
Lebhaft: „Der Wischmopp des Monsieur Mutt“ © Stephane Bellocq

Stücke ganz ohne Sprache und in Fremdsprachen kennzeichnen das Festival ebenso wie ein „Awareness-Konzept“ für Diversität und Zugänglichkeit. „spleen*“ setzt – auf und vor der Bühne – auf Zugänglichkeit und Barrierefreiheit unabhängig von Altersgruppen, Milieus, Mobilitätsfragen, sagt „Next Generation“-Koodinator Andreas Flick, „dazu gehört es auch, Menschen anderer Ethnien auf die Bühne zu bringen“.

Das „spleen*-Budget beträgt heuer ingesamt um die 360.000 Euro, man erwartet Ticketerträge von rund 20.000 Euro. „Die Eintrittspreise sind bewusst geringer gehalten“, erläutert Weissensteiner. Schließlich solle das Festival „auch für Schulen und Kindergärten leistbar sein.“