Das Filmfestival brummt weiter mit ausverkauften Vorstellungen, kulturpolitischen Debatten und ausgegrabenen Schätzen. In Erinnerung an den Filmemacher Michael Glawogger (1959–2014) wohnte das Publikum am Samstag nach mehr als 20 Jahren einer speziellen Premiere bei und sah den nie ausgestrahlten und verschollen geglaubten TV-Piloten zum Theaterhit „LKH“. 2002 war das Grazer Theater im Bahnhof kurz davor, eine Sitcom zur mit dem Nestroy-Preis gekrönten Theaterserie zu produzieren. In „LKH – Der Zwetschkenfleck“ taucht ein Krampus mit angebrannter Maske im Spital auf und singt später: „Wenn Sie mir heut die Wangen näh’n, werd i nie mehr als Krampus gehn.“ Ostrowski verkörpert einen indischen Arzt mit Turban, Pia Hierzegger eine Turnusärztin, Maria Zinner den „Sonnenschein des Sozialraums“, Helmut Köpping einen goscherten Sanitäter in spe usw. Absurder Witz, schräge Dialoge und ein üppig angezuckerter Wander-Zwetschkenfleck stehen im Fokus. Es wird gescheitert; schön.

Schnaps kredenzte das TiB beim Diagonale-Nachspann auch. Und Ostrowski, Hierzegger und Köpping erinnerten sich, amüsant, an den „Glawo“, das Drehbuchschreiben und die Fußball-EM dieses Sommers. Nach dem Piloten nahm sich Ostrowski drei Wochen frei und schrieb eine erste Fassung zum Film „Nacktschnecken“, später stieg Glawogger ein, gedreht wurde 2022. Unter erschwerten Bedingungen mit einem Geparden, der eigentlich Enten und Vögel vom Flughafen Brünn ferngehalten hat. Alle vom Team wären am Set mit der Raubkatze in einem Sicherheitskammerl gewesen – bis auf die Schauspielenden und den Kameramann. Hierzegger spürte Gepardenpratzen an ihrer Schulter, Ostrowski hatte das Tier in den Rücken gezwickt. Dialog in „Nacktschnecken“: „Wir müssen uns mit Alkohol geparden.“

Zum zehnten Todestag erinnerte die Diagonale an Michael Glawogger
Zum zehnten Todestag erinnerte die Diagonale an Michael Glawogger © Diagonale

„Pandoras Vermächtnis“ von Angela Christlieb
„Pandoras Vermächtnis“ von Angela Christlieb © Filmladen

Weniger schmeichelhaft fällt die Erinnerung an den Regisseur GW Pabst (1885–1967) aus, der als einer der Giganten des frühen deutschen Kinos gilt. In Angela Christliebs Doku „Pandoras Vermächtnis“ wird eine Familiengeschichte durch die Augen seiner Frau erzählt: Trude Papst. Ihre Enkelkinder Marion, Daniel und Ben haben sich mit der Familiengeschichte, der Gewalt und Unterdrückung durch den Patriarchen auseinandergesetzt. Erstmals veröffentlichte Briefe und Tagebuchtexte von Trude Pabst verdichten nebst Filmausschnitten das Bild ihrer künstlerischen Leistung, fördern Autobiografisches zutage und zeugen von modernen Frauenfiguren und chauvinistischem Verhalten.
„Pandoras Vermächtnis“. Heute, 10.30 Uhr, KIZ 1.