Am Dienstag veröffentlicht der ORF die komplette Liste seiner Spitzenverdiener. Dazu zwingt ihn erstmals das neue ORF-Gesetz. Mitarbeiter, die mehr als 170.000 Euro pro Jahr verdienen, sind dabei namentlich zu nennen. Auch die Nebentätigkeiten, also Einkünfte von außerhalb des ORF, müssen genannt werden.
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Nachdem die Liste am Ostersonntag dem Bundeskanzleramt übermittelt wurde, sickerten schon Montag die Zahlen durch, dem „Standard“ liegt die gesamte Liste vor. 62 Menschen sind es, die durch ihr Dienstverhältnis im ORF jenseits der 170.000 Euro verdienen. Darunter finden sich lediglich 15 Frauen: Ein Gender-Pay-Gap, den ORF-Chef Roland Weißmann schon zuvor als „besonders schmerzhaft“ bezeichnet hatte.
Die Zahlen sorgen nun erstmals für Transparenz im öffentlich-rechtlichen Unternehmen: Spitzenreiter im ORF ist Ö3-Moderator Robert Kratky, mit 443.894 Euro Jahresgehalt und 8500 Euro monatlichem Nebeneinkommen. Pikant: Der Wecker-Mann verdient nicht nur mehr als ORF-Generaldirektor Roland Weißmann (425.500 Euro, keine Nebenbeschäftigungen), sondern auch fast das Doppelte seiner Radio-Direktorin Ingrid Thurnher (270.270 Euro).
Auf zweiten Platz von rund 3000 ORF-Mitarbeitern findet sich überraschenderweise ORF-Baumanager und Sicherheitschef Pius Strobl (425.677 Euro), der trotz zahlreicher Aufgaben noch Zeit für Nebentätigkeiten um 2500 Euro pro Monat haben dürfte. Erst auf Platz drei kommt ORF-Chef Weißmann selbst.
Aus der Riege der Landesdirektorinnen und -direktoren (die alle auf der Liste stehen) ist nur Waltraud Langer (ORF Salzburg) mit 250.095 Euro brutto unter den Top 10. Karin Bernhard (ORF Kärnten) erhält 218.768 Euro, Gerhard Koch (ORF Steiermark 212.867 Euro; plus 199,25 Euro Nebeneinkünfte – beide sind damit unter den Top 30.
Bei den Fernsehjournalisten sticht ein Trio bekannter Namen hervor: ZiB2-Anchor Armin Wolf (252.780 Euro plus 3838 Euro Nebentätigkeiten), Peter Resetarits (210.043 Euro) und Ex-Innenpolitik-Chef Hans Bürger (194.981 Euro). Bei den Korrespondenten führt Christian Wehrschütz die Liste an (197.489 Euro) knapp vor Cornelia Vospernik (185.666 Euro) und Ernst Gelegs (173.740 Euro).
Gleich beide Geschäftsführer des Spartensenders ORF3 schafften es, wie schon zuvor berichtet, in die Top 10: Peter Schöber mit 283.292 Euro und Kathrin Zierhut-Kunz mit 260.276 Euro Jahresgage. Schöber ist sogar der am viertbesten verdienende Mitarbeiter am Küniglberg, noch vor allen Direktorinnen und Direktoren.
Viel Zeit für Nebengeschäfte dürfte indessen TV- und Radio-Moderator Andi Knoll haben. Seine 190.242 Euro Bruttogehalt bessert er sich im Schnitt mit 9600 Euro auf – monatlich. Damit ist er einer der Nebenjob-Spitzenreiter im ORF. So hohe Nebenverdienste sind aber keine Seltenheit: 24 Mitarbeiter haben Nebeneinkünfte von mehr als 8000 Euro pro Monat.
ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker forderte in einer Reaktion, dass die exorbitanten Gagen im ORF „ein Ende haben müssen“. Die ORF-Führung soll „aufzuklären, wer diese Traumgagen genehmigt hat“. FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker fordert indessen eine „Totalreform des ORF“.
ORF-Chef Roland Weißmann hatte den erzwungenen Gehalts-Striptease in einer internen Mitteilung schon zuvor scharf kritisiert: „Außer dem ORF ist keine andere öffentliche Organisation im Land dazu verpflichtet. Das schürt die Neid-Debatte und befeuert öffentliche Polemik.“
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Bernhard Baumgartner