Rauschhaft geht es am Samstagabend im Orpheum umher - nicht nur an der Bar. Pünktlich zur Primetime sorgen Optokoppler mit einer sinneserweiternden Darbietung für staunende Augen und taube Ohren. Ausgangspunkt für das Audiovideoset des österreichischen Duos ist ein modularer Synthesizer, dessen Signale mittels Oszilloskop unmittelbar in abstrakte Bilder verwandelt werden. Das Ergebnis sind hypnotische Licht- und Laserspielereien untermalt von aggressiv wummernden Beats. Kann man machen, muss man aber nicht unbedingt. 

Local Heroes im Orpheum Extra

Weitaus weniger ohrenbetäubend wird es kurzdarauf im kleinen Extrasaal. Die Grazer Truppe Flysch, zusammengestöpselt aus verschiedenen Mitgliedern lokalbekannter Bands, setzt mit einer Mischung aus Experimentalpop, Sprechgesang und Ambient auf recht entspannte Töne. Simultan dazu legt im großen Saal auch schon Musikerin Maya Shenfeld los. Die Wahlberlinerin präsentiert gemeinsam mit dem portugiesischen Visual Artist Pedro Maia eine betörende Symbiose aus analogem Film und experimentellen Eigenkompositionen. Aufnahmen aus einem Marmorsteinbruch - mal klar erkennbar, mal von einem penetranten Rotstich gekennzeichnet - werden von der leicht melancholischen Soundkulisse perfekt unterstützt.

Orpheum: Flysch, Maya Shenfeld, Szenelegende Ryoji Ikeda
Orpheum: Flysch, Maya Shenfeld, Szenelegende Ryoji Ikeda © Reza Kellner

Das Tageshighlight bahnt sich aber erst ganz zum Schluss an. Der Auftritt der japanischen Szenelegende Ryoji Ikeda, einem der unvergleichlichsten Vertreter kontemporärer Elektromusik, lässt das Publikum gleich mehrmals in Begeisterungsstürme ausbrechen. Nicht ohne Grund: die innovative Audio-Video-Show verspricht den Klang der Zukunft. Dabei arbeitet der Künstler sowohl ästhetisch als auch soundtechnisch mit minimalistischen Mitteln: Licht und Schatten, Einsen und Nullen, Frequenzen fernab des für angenehm befundenen Hörspektrums. Mit seinem schleichenden Aufbau wie radikalen Conclusio aber extrem packend und intensiv. Als würde man das Spaceship eines Außerirdischen entern und in fremde Soundgalaxien geleiten.

Wegbereiter für die Dubstep-Szene

Wer an diesem Zeitpunkt nicht schon dem musikalischen Trance erlegen ist, mischt sich anschließend noch unters partyhungrige Volk. Im Dom im Berg, der europaweit einzigartigen Rave-Höhle, werden bis frühmorgens die Turntables unsicher gemacht – u.a. von der Elevate-erfahrenen Zoe McPherson und dem britischen DJ Kode9. Kode9, bürgerlich Steve Goodman genannt, ist Gründer des populären elektronischen Plattenlabels Hyperdub und galt als einer der wichtigsten Wegbereiter für die Dubstep-Szene, schon am frühen Abend war er im Orpheum für einem Artist Talk anzutreffen. Sein Ruf als einer der weltweit besten DJs eilt ihm jedenfalls voraus. So heizt er auch bei seinem spätnächtlichen Set im Tunnel der feierwütigen Meute ordentlich ein. Das Outfit sitzt, die Bässe pumpen, der Schweiß tropft von der Stirn: Everybody Dance Now!