Ein trauriges Ereignis triggert im Film das Trauma: Der Mann von Andrea Weingartner – so heißt die an Nicola Werdenigg angelehnte Protagonistin in „Persona Non Grata“ – ist verstorben. Zur Verabschiedung reist die ganze Familie an; es ist kein herzliches Miteinander. Die Eltern (Krista Posch, Peter Mitterrutzner) stammen aus einer Skifahrerdynastie und haben es der Tochter nie verziehen, dass sie einst den Rennanzug und die Karriere an den Nagel gehängt hat. Als ein Nachbar der Witwe gegenüber übergriffig wird, hämmert sie an dessen Tür und erzählt es seiner Frau. Sein Kommentar: „Die spinnt ja!“

So in etwa reagierte auch der Österreichische Skiverband, als die Ex-Rennläuferin Nicola Werdenigg 2017 in einem Artikel im „Standard“ sexualisierte Gewalt und systematischen Machtmissbrauch durch Trainer und Kollegen aufdeckte. Abwehr, Beschwichtigung, Victim-Blaming, also Täter-Opfer-Umkehr folgten. In einer Krisensitzung ist der Verbandspräsident zugeschaltet, der die Missbrauchsvorwürfe lapidar wie folgt kommentiert: „Wir haben zwar die Ausrüstung, aber es braucht keine Schneeräumung, wenn es net g‘schneit hat.“ Auch die Eltern, sie stammen aus einer Skifahrer-Dynastie, bevorzugten es, wegzuschauen.

Werdenigg hielt den Angriffen mutig und widerborstig Stand. Ihr Fall schlug international hohe Wellen, mutierte zu einem der ersten öffentlichen #MeToo-Skandale des Landes, führte zur Initiative #WeTogether und schließlich zru Vertrauensstelle vera* für Sport und Kultur.

Neben diesen biografisch angelehnten Details und der Erzählung der strukturellen Probleme funktioniert „Persona Non Grata“ aber auch als empathisches Familiendrama, in dem die Tochter (großartig Maya Unger) mit ihrer Mutter eine Zeitenwende einläutet. Antonin Svoboda hat – nahe an seiner Protagonistin – ein starkes, kämpferisches Heldinnenepos inszeniert, das die Schwierigkeiten im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen vielschichtig ausleuchtet. Gerti Drassl verkörpert die inneren Konflikte mitsamt Scham- und Schuldgefühlen sowie den späteren Befreiungsschlag bravourös. Dieser Schauspielerin schaut man einfach irre gerne zu; egal, ob beim Zweifeln, Zornigsein, Grübeln, vehementem Kämpfen und glorreichem Scheitern. ●●●●○