Einmal in die Unterwelt von Wien hinabsteigen und lebend wieder zurückkehren. Das verspricht der Film „Hades“ von Andreas Kopriva, benannt nach dem griechischen Gott der Unterwelt. Wer in dessen Reich hinabstieg, kehrte nicht mehr von seiner Reise zurück. Aber der kreative Kopf hinter der Geschichte, der Iran-stämmige Anoushiravan Mohseni, der sowohl die Hauptrolle übernimmt als auch am Drehbuch mitgeschrieben hat, wollte keinen düsteren Thriller machen. Er sieht den Film als Lehrstück: „Ich würde gerne der Jugend von heute vieles beibringen, da die meisten fälschlicherweise glauben, kriminell zu sein, sei ein Weg, um Geld zu verdienen. Es ist zwar alles cool und lustig, aber was passiert danach? Du riskierst das Gefängnis. Du enttäuschst deine Familie und im Endeffekt zerbricht alles, was dir in deinem Leben wichtig ist.“ Die Jugendlichen, von denen er dabei redet, sind zweite und dritte Generation Einwandererkinder, die wie seine Filmfigur Reza im Sozialbau in Wien aufwachsen.
Während Rezas Bruder eine Karriere als Arzt anstrebt, entscheidet er sich für die andere Seite der Medaille. Im Hof der Wohnanlage freundet er sich mit einer Gruppe serbischer Burschen an und beginnt mit ihnen gestohlene Waren zu verkaufen. Jahre später geht es nicht mehr um Fahrräder oder Deko, hier werden Faustschläge verteilt und Gras vertickt.
Zunächst wirkt die Bande wie ein lustiger familiärer Haufen Edelgangster, die auch mal dem Gesetz unter die Arme greifen, wenn die Mühlen der Behörden zu langsam mahlen. „Viele gehen davon aus, es sei ein krimineller Film, aber es ist auch eine Komödie,“ so Mohseni. „Die Zuschauer werden die Gangster mögen, weil sie sympathisch rüberkommen. Die sind zwar kriminell, aber nicht bösartig.“ Ein solches Beispiel ist Rezas Chef Milan (Tim Seyfi), der ob seiner kleinen Körpergröße immer hohe Schuhe trägt. So eine Person habe es wirklich gegeben, bestätigt Mohseni.
Neu im Kino
Auch sein Co-Star Alma Hasun, die Rezas Freundin Beatrice spielt, glaubt, dass dieser Genremix bei den Zuschauern ankommen könnte. „Die Leute mögen Figuren, die nach außen hin eine harte Seite haben, und im Inneren einen weichen Kern, mit dem sie sich irgendwie doch identifizieren können.“ Ihre Beatrice, das Mädchen aus gutem Haus, das sich einen Gangster anlacht, sei da keine Ausnahme. „Für mich ist die Beatrice eine Figur, die auf der Suche ist und etwas sehr Neugieriges hat. Die hat sich gedacht, ein spannender Typ.“
Fakt ist, dass der Film, trotz einiger klischeebehafteter Durchhänger, mit einigen locker-flockigen als auch tiefer gehenden Momenten aufwarten kann, sowie einem breit gefächerten Cast, darunter Aleksandar Petrović als Handlager Mo, und so nicht erneut die altbekannten österreichischen Filmgesichter vor die Kamera zerrt. Für österreichische Populärkinoware einmal erfrischend anders.
Susanne Gottlieb