Schon schräg und eigenartig: Auf allen Kanälen wird in diesen Tagen „Happy Xmas (War is Over)“, eines der schönsten Weihnachtslieder und gleichzeitig größten Utopien, gespielt; und auf AppleTV sieht man sich eine dreiteilige Doku über jenen Mann an, der dieses Lied (gemeinsam mit Yoko Ono) geschrieben hat: John Lennon. Am 8. Dezember 1980 wurde der Ex-Beatle vor dem Dakota Building in Manhattan erschossen. „John Lennon. Murder without a trial“ - also „Mord ohne Prozess“ heißt die Serie. Der Titel bezieht sich darauf, dass der Prozess damals nicht öffentlich war, das hat die Gerüchteküche angeheizt. Als Lennon-Mörder ging der damals 25 Jahre alte Mark David Chapman in die Geschichte ein. Er sitzt übrigens noch immer im Gefängnis, sein mittlerweile zwölftes Gnadengesuch wurde erst im Vorjahr abgelehnt.

Die Serie wirbt damit, dass bislang noch nie gehörte Zeugen – Polizisten, Taxifahrer, der Portier des Dakota Buildings, Psychiater – zu Wort kommen. Aber der spekulative und wohl auch verkaufsfördernde Grundtenor geht in eine andere Richtung: War Chapman allein – oder gab es Mittäter? Wurde Lennon das Opfer einer Verschwörung? Wurde Chapman vom Geheimdienst hypnotisiert und so zum Mörder instrumentalisiert?

Nichts deutet darauf hin, dass daran auch nur das Geringste an diesen verschwurbelten Theorien stimmt. Aber die Mechanismen sind hinlänglich bekannt. Siehe John F. Kennedy, Lady Di und andere. Der gewaltsame Tod von Ikonen wird oft mit Mythen überzogen, weil die grausame Banalität schwer zu ertragen ist.

„Happy Xmas“ war übrigens ursprünglich ein Protestlied gegen Vietnam. Dieser Krieg ist tatsächlich vorbei, unzählige folgten.