La Chimera


Die Toskana in den 1980er-Jahren. Der Brite Arthur (Josh O‘Connor) ist ein mürrischer Ex-Archäologe, der einst seine Geliebte Beniamina verlor, und nun seine Tage ohne richtige Aufgabe im ehemals feinen Anwesen deren Mutter Flora (Isabella Rossellini) absitzt. Seine Orientierungslosigkeit im Leben lässt ihn seine ehemalige, windige Karriere im kriminellen Milieu vorantreiben. Arthur weiß, wo in der Gegend alte etruskische Schätze vergraben sind. Mit einer Bande an Komplizen gräbt er diese heimliche aus und verkauft sie teuer weiter. Doch seine Abwärtsspirale könnte ein Ende finden, als er Floras ehemaliger Gesangsschülerin Italia (Carol Durate) näherkommt. Die italienische Regisseurin Alice Rohrwacher („Glücklich wie Lazzaro“) erzählt die Geschichte in körnigen Aufnahmen im 4:3-Format und in ihrer so typischen poetisch-romantischen Filmsprache, wobei sie Italien als Epizentrum vergangener Hochkulturen, aber auch als Wurzel einer menschlichen Einsamkeit inszeniert. ●●●●○ Susanne Gottlieb

Perfect Days

„Perfect Days“ ist einer der besten Filme der deutschen Regie-Ikone Wim Wenders. Im Fokus steht der Toilettenputzer Hirayama (Kōji Yakusho). Ein alleine lebender Mann, der seine Routine an öffentlichen Design-Häusln in Tokio abspult. Er putzt, obwohl eh alles sauber ist. Seine Leidenschaft gilt – nebst Kassetten von Lou Reed – dem Komorebi. Nie gehört? Der Begriff beschreibt das Naturschauspiel, wenn Lichtstrahlen durch Blätter fallen. Nicht zu grell, nicht zu düster, ein idealer Halbschatten. Wunderbares Kinoerlebnis. ●●●●○ Julia Schafferhofer

Auf der Adamant

Die Adamant ist eine schwimmende Tagesklinik. Auf einem Boot am Pariser Seine-Ufer finden Leute mit psychischen Erkrankungen eine Zuflucht und einen Begegnungsort. Der 72-jährige Doku-Veteran Nicolas Philibert geht mit seiner Kamera an Bord und begleitet Passagiere und Crew dieses Therapie-Schiffs auf Augenhöhe, ohne die weitverbreitete Dokumentarfilm-Distanz. Der Filmemacher erhebt sich dabei nicht über seine Protagonisten. Und die stellen ihm ihrerseits Fragen und bringen eigene Perspektiven ein. Oft ist auch gar nicht ganz klar, wer Patienten und wer Betreuende sind. Das ist durchaus Absicht und entspricht einer humanistischen Haltung frei nach dem französischen Philosophen Michel Foucault, der den Wahnsinn als Spiegelbild der Vernunft erklärte. Denn, so Philibert, die verrücktesten Menschen seien keineswegs die, von denen wir denken, dass sie es sind. Dafür erhielt „Auf der Adamant“ den heurigen Goldenen Bären der Berlinale. ●●●●○ Marian Wilhelm

Raus aus dem Teich

Einmal das sichere Nest verlassen und die große Welt sehen. Wortwörtlich das verlangt die Entenfamilie von Mack (im Original Kumail Nanjiani), der am liebsten nie seinen sicheren Teich verlassen würde. Doch als Ehefrau Pam (Elizabeth Banks) und die Kinder Bekanntschaft mit einer Schar Wildgänse machen, und er Angst bekommt, so allein wie sein Onkel Dan (Danny DeVito) zu enden, heißt es auf nach Jamaika. Doch für eine Schar Enten, die nur ihre eigenen sicheren Ufer kennen, gibt es da draußen ganz schön viele Herausforderungen. Der Animationsspaß überzeugt mit grandiosen Animationen amerikanischer Landschaften und Großstädte. Allein die Fixierung auf nur einen überkandidelten Bösewicht, einen finsteren Koch mit Spezialität Ente à l’Orange, trübt die Unterhaltung. ●●●○○ Susanne Gottlieb

Monsieur Blake zu Diensten

„Monsieur Blake zu Diensten - Complètement Cramé!“ hat fast alles, was eine vorweihnachtliche Feel-Good-Komödie braucht: sympathische, schrullige Figuren, einen wunderschönen Handlungsort und die Gewissheit, dass alles gut wird. Dennoch schafft es Regisseur Gilles Legardinier nicht, seinem starbesetzten Debütfilm Leben einzuhauchen. Das liegt vielleicht daran, dass er eigentlich Bestseller-Autor ist. Sein eigener Roman von 2012, den er nun verfilmte, ist ein charmanter Ausflug auf ein Schloss in der französischen Provinz. Dort will sich der reiche britische Witwer Andrew Blake (John Malkovich spielt auf französisch) an seine Frau erinnern, wird aber von der ebenfalls verwitweten Schlossherrin (die legendäre Fanny Ardant) prompt als neuer Butler engagiert. Das filmische Verwechslungsspiel hat einige herzliche Schmähs, ist insgesamt aber allzu harmlos, unoriginell und durchschaubar. Daran ändert auch das durchaus motivierte Ensemble nichts. Tant pis! Schade. ●●○○○ Marian Wilhelm