Donya hat es auf einen der letzten Flieger geschafft, die Afghaninnen und Afghanen nach der Machtübernahme der Taliban evakuierten. Sie lebt nun in „Fremont“, einer Stadt in Kalifornien, in der die größte afghanische Community zu Hause ist. In ihrer alten Heimat Kabul war sie Übersetzerin für das US-Militär tätig, wofür sie auch missachtet wurde. In Amerika arbeitet sie in einer chinesischen Glückskekse-Fabrik in Chinatown in San Francisco, wickelt allgemeingültige und hoffnungsfroh stimmende Botschaften auf kleinen Zetteln in das Knuspergebäck und verpackt dieses in Plastik. Donyas Tage sind mit Einpack-Riten, Kaffeepausen und Gesprächen mit ihrer Kollegin ausgefüllt und zuallererst monoton, trostlos, isoliert. Ihre Abende verbringt die junge Frau in einem afghanischen Restaurant mit Serien. Einsamkeit und Schwere begleiten jede ihrer Bewegungen. Nachts liegt sie wach; geplagt von Schlaflosigkeit. Dann spricht sie mit ihrem ebenso schlaflosen Nachbarn am Gang, sie unterhalten sich über die Sterne, die hier in Amerika unruhig wirken. Im Gegensatz zu fixen Positionen in Afghanistan. Chinatown ist ihr genauso fremd wie Fremont.
Der entspannte und lakonische Schwarz-Weiß-Film erzählt vom Ankommen, Neu-Anfangen, Loslassen und von einer Glückssuche unter erschwerten Bedingungen. Das Setting, das der iranisch-britische Regisseur Babak Jalali mit der Glückskeksproduktion findet, ist höchst originell, die poetisch-ironische Übersetzung mit ruhigem Bilderfluss, schrulligen Figuren, lapidaren Dialogen und sehnsuchtsvollen Baritonhornklängen äußerst gelungen. Dazu bekommt das Publikum in diesem Indie-Kleinod von Film die passenden Heile-Welt-Sprüche wie „Eine erfreuliche Nachricht ist auf dem Weg zu Ihnen“ serviert. Oder: „Nichts wird diesen Monat Ihren Erfolg verhindern.“
So alleine, wie sich Donya fühlt, ist sie gar nicht. Es wirkt, als hätte sie zahlreiche Komplizinnen und Komplizen verdeckt zur Seite. Ihre Kollegin ortet großes Liebespotenzial und ihr schräger Psychiater (fantastisch: Gregg Turkington) verschreibt ihr keine Schlafpillen, sondern will das Trauma ergründen und liest ihr – sentimental – aus seinem Lieblingsbuch „Wolfsblut“ vor. Der Boss der Fabrik sieht in ihrem Wesen Großes und befördert sie zur Autorin der Botschaften.
Gute Sprüche dürften weder zu optimistisch noch pessimistisch sein, sondern würden die Liebe und die Selbstliebe beschwören. Über das, was sie schreibt, tritt Donya in Kontakt mit ihren Mitmenschen. Und siehe da: Es wirkt. Anaita Wali Zadas reduziertes Spiel leuchtet furios. Die afghanische Journalistin flüchtete selbst; in jeder Szene schwingt ihre Biografie subtil mit. Kino, das schlicht glücklich macht. ●●●●●