oll es der Rauschgoldengel werden? Oder doch eine Christbaumkugel? Die junge Frau auf dem Christkindlmarkt vor dem Wiener Rathaus hat noch zweieinhalb Wochen Zeit für ihre Entscheidung. Und vielleicht dreht sie ja auch heute, zum kirchlichen „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“, eine Runde über den Platz.
8. Dezember, Einkaufsfeiertag. Seit fast 30 Jahren ist das so, gestritten wird darüber noch immer. Die Gewerkschaften sind dagegen, die „Sonntagsallianz“ fokussiert heuer gegen die sogenannte Betreiberpflicht in Shoppingcentern, die am Feiertag sogar zum Aufsperren zwingt. 57 Prozent der erwachsenen Bevölkerung geben an, sie seien dafür, die Geschäfte heute geschlossen zu halten. Aber der Widerstand erodiert, im Vorjahr waren noch 74 Prozent gegen den Shoppingtag.
Halblustige Glühweinrunden
Wer schimpft, der kauft. Selten stimmt das so wie hier und heute. Zwar sperrt nur ein gutes Drittel der Geschäfte auf, aber der Umsatz entpricht dem eines regulären Vorweihnachtseinkaufstages: 200 Millionen Euro. Man kann in diesen Zahlen den Riss zwischen Wunsch und Wirklichkeit klaffen sehen: Man säße zwar gern mit den Seinen mandarinenschälend vor dem Adventkranz, nutzt den freien Tag dann doch für Besorgungen, um sich einen rappelvollen Einkaufssamstagen zu ersparen. Manchen locken vielleicht auch die Weihnachtsmärkte. Vom schimmernden Gepränge der hier abgebildeten Szene fühlt man sich ja schon fast reflexhaft gewärmt (und verdrängt die halblustig lärmigen Glühweinrunden, die man sich knapp außerhalb des Bildrahmens vorstellen könnte).
Ansonsten gehört das Stöhnen über den Shoppingwahnsinn längst zu den Routinen der Adventzeit. Dabei sind die einzigen, die dazu jedes Recht und mehr als genug Anlässe hätten, die Handelsangestellten. Manche erzählen, was sie so von gestressten Kunden abkriegen: viel Missmut, Verdruss und Gereiztheit, Demütigung und Aggression. Man könnte sich also, wenn heute der Spagat zwischen Festtagsruhe und Einkaufsbedarf unvermeidlich scheint, wenigstens vornehmen, zum Verkaufspersonal besonders freundlich zu sein. Als einen kleinen Feiertagsbonus für jene, die ihn sich heute hart verdienen müssen.
Ute Baumhackl