THE MARVELS
Auch wenn das Marvel-Multiversum des Maus-Konzerns nach dem „Endgame“ ins Straucheln gekommen ist, den Mut zum Ausprobieren haben die Masterminds hinter der Endlos-Filmreihe noch nicht verloren. In der neuesten Kinoepisode „The Marvels“ führt das Drehbuch-Schicksal ein ungleiches Trio zusammen: Captain Marvel, die Tochter ihrer besten Freundin, Monica, und die jugendliche Kamala Khan alias Serienheldin „Ms. Marvel“ .Allerlei wilde, bunte und streckenweise verrückte Elemente (u.a. eine Musical-Prinzessinnen-Szene!) machen „The Marvels“ recht unterhaltsam und actionreich. Größere dramatische Geschichten darf Regisseurin Nia DaCosta aber diesmal (noch) nicht erzählen - trotz bedeutsamer Abspann-Szene. (maw)
DIE THEORIE VON ALLEM
Physiker Johannes träumt im gleichnamigen Film davon, „die Theorie von Allem“ zu finden. Bei einem mysteriösen Kongress in die Schweizer Alpen lernt er nicht nur ehemalige Nazi-Wissenschaftler kennen, sondern auch eine rätselhafte junge Frau. Regisseur Timm Kröger bewegt sich auf den Spuren von „Vertigo“-Hitchcock und „Marienbad“-Resnais und baut dabei moderne Science-Fiction-Rätsel auf, irgendwo zwischen den Netflix-Serien „Dark“ und „1899“ und dem Marvel-Multiversum. Der gelernte Kameramann filmte die bedrohlichen Berge u.a. in Osttirol, in kontrastreichen Schwarz-Weiß. Leider bringt er die verschachtelte Geschichte nicht so ganz auf den Punkt. Die filmische Ansage ist aber durchaus mutig. (maw)
EIN GANZES LEBEN
„Ein ganzes Leben“ erzählt eine Lebensgeschichte nach dem Bestseller von Robert Seethaler. Episch ist sie eigentlich nicht. Doch auch ein vermeintlich kleines Leben kann sich groß anfühlen, zumal in den Tiroler Bergen. Von der harten Bergbauern-Kindheit über das kurze Glück mit der großen Liebe bis zu Krieg und Heimkehr spannt sich der Bogen, mit einem wehmütig-schönen Epilog im Herbst des Lebens. Regisseur Hans Steinbichler bekommt den Kitschfaktor dabei nicht in den Griff, trotz erfreulich sparsamer Dialoge und guten Darstellenden. So übersetzt sich das Staunen der Hauptfigur leider in keine großen oder kleinen Kinomomente. (maw)
DEIN LEBEN – MEIN LEBEN
Die Suche nach dem Glück, dem persönlichen Wohlbefinden, beschäftigt Dokumentarfilmer Marko Doringer schon seit über 15 Jahren. Heute steuert er auf die 50 zu und fühlt sich kaum einen Deut weiser. In seinem vierten Doku-Selbstfindungstrip sinniert der Salzburger Regisseur über unerfüllte Lebensziele, brüchige Beziehungen und dem stets drängenden Wunsch nach mehr. Auch am Beispiel der Schicksale von Freunden, Verwandten und Bekannten. Introspektiv wie eh und je lässt Doringer Zuschauerinnen und Zuschauer an seiner Gedankenwelt teilhaben – und schöpft Trost aus der Trostlosigkeit. Ein authentisches, persönliches Generationenporträt, das vor den unbequemen Fragen des Älterwerdens nicht zurückschreckt. (pog)
Film der Woche
MEIN SOHN, DER SOLDAT
1917: Der Erste Weltkrieg liegt in seinen letzten Atemzügen, die männliche Bevölkerung fast weggefegt. Also beginnen die Franzosen, in ihren afrikanischen Kolonien junge Männer wie Thierno (Alassane Diong) zu entführen, um sie an der Front einzusetzen. Um ihn zu schützen, meldet sich sein Vater Bakary (Omar Sy) freiwillig. Seine Versuche, mit dem Sohn zu fliehen werden jedoch immer wieder unterbunden, und bald findet Thierno Gefallen an seinem militärischen Aufstieg. Dass dies an dem rasanten Sterben in seinem Umfeld liegt, macht der Film ebenso deutlich wie die Dramatik in den Schützengräben. Inmitten dieser wackeligen Handkamera-Action strahlt der sonst so humoristisch veranlagte Sy als verzweifelter Vater, der erkennt, dass er weder seinen Sohn noch sich retten kann. (sg)
DER KOLIBRI
Das Leben ist ein Labyrinth von Verquickungen, von ungeahnten Kausalitäten und Zufällen. Genauso erzählt Regisseurin Francesca Archibugi die Geschichte von Marco Carrera (Pierfrancesco Favino), wobei sich dessen Leben nicht linear entfaltet, sondern der durch die Jahrzehnte hüpfenden Narration der Buchvorlage von Sandro Veronesi folgt. Er trifft seine große Liebe Lucia (Bérénice Bejo), mit der ihm jedoch nie das wahre Glück vergönnt war, seine depressive Frau Marina (Kasia Smutniak), seine sensible Tochter Adele (Benedetta Porcaroli), sowie den unkonventionellen Psychiater Daniele (Nanni Moretti). Emotional, aber nie kitschig, und mit dem großartigen Favino im Zentrum, wirkt „Der Kolibri“ nie aus der Zeit gefallen und wahrhaftig über die Herausforderungen des Lebens. (sg)