Mit Neuauflagen von Kultserien ist das so eine Sache. Fans befürchten oft Schreckliches und erheben gerne lautstark Protest. Die Serie „Neue Geschichten vom Pumuckl„ dürfte jedoch selbst Nostalgiker überzeugen. Wenige Wochen vor dem Serienstart am 11. Dezember beim Streaminganbieter RTL+ sind die ersten drei Folgen ab Donnerstag im Kino zu sehen.
Marcus H. Rosenmüllers neues Werk ist eine augenzwinkernde Verbeugung vor den viel geliebten Folgen aus den 1980er-Jahren, behutsam in die heutige Zeit geholt, mit etwas Melancholie, viel Herz und dem einzigartigen Pumuckl-Humor. Das Schöne ist, dass die Serie gar nicht erst versucht, dem Publikum einen anderen Schauspieler als Schreinermeister Eder unterzuschieben, den Gustl Bayrhammer nach den Büchern von Ellis Kaut so wunderbar gespielt hatte.
Stattdessen geht es um Eders Neffen Florian, der nach dem Tod des Onkels nach 30 Jahren Leerstand dessen Werkstatt übernimmt - samt dem Pumuckl, der durch ein Missgeschick wieder einmal am Leim kleben bleibt und sichtbar wird. Nun muss er beim neuen Eder bleiben - Koboldsgesetz.
Rosenmüller inszeniert die neuen Geschichten mit viel Herzblut, was wohl auch mit einem gehörigen Respekt zu tun hat. „Mit Pumuckl ist man aufgewachsen. Das war mit Sicherheit eine der prägendsten bayerischen Serien für mich“, erzählt er und lobt Bayrhammer und den früheren Pumuckl-Sprecher Hans Clarin. „Zwei äußert selbstbewusste Charaktere mit konträrer Ausrichtung: der eine die Ruhe und Ordnung liebend, der andere das Abenteuer und das Chaos. Beide aber mit einem liebenswerten und freundlichen Wesen.“
Immer wieder gibt es Anklänge an alte Zeiten, oft mit leiser Wehmut verbunden. Etwa, wenn in der eingestaubten Werkstatt die alte Brille von Schreinermeister Eder auftaucht. Oder wenn Ilse Neubauer wieder als Hausmeisterin Frau Stürzlinger nach dem Rechten schaut. Und auch die Kinder sind immer noch freche Lausbuben und -mädchen, die lieber Streiche spielen, als am Handy herumzuspielen.
Pumuckl ist auf jeden Fall nicht gealtert. Der rote Wuschelkopf, die Kartoffelnase, die großen Ohren und das Bäuchlein sind so, wie man sie in Erinnerung hat. Aufgeregt und hochemotional hüpft und rennt der animierte Wicht durch die Werkstatt, singt, kreischt und dichtet, springt in die Schaukel, versteckt Schlüssel oder lässt den Farbtopf aus dem Regal fallen. Florian Eder begegnet diesem umtriebigen Nachfahren der Klabautermänner erst mit Unglauben, später amüsiert, manchmal leicht genervt und immer wieder seeeeehr geduldig.
Florian Brückner („Das Boot“) spielt mit großer Hingabe und erweist sich als würdiger Nachfahre des 1993 verstorbenen Bayrhammer. Er hatte die Rolle des humorigen und herzensguten Handwerkers geprägt, der auch streng sein konnte und mitunter Methoden anwandte, die nicht mit heutigem Erziehungsverständnis vereinbar sind. Der Neue ist weniger grantelnd, auch wenn ihn das turbulente Treiben des Kobolds mitunter verzweifeln lässt. Doch meist lässt sich Florian freudig auf die Späße und Wortspielereien seines Kobolds ein, der in den neuen Folgen von Maxi Schafroth („Servus Baby“) gesprochen wird. Auch schön: Die Serie behält ihr bayerisches Gepräge, spricht der neue Tischler doch ebenso schönstes Bairisch wie sein Onkel.
Sogar auf Clarin, der den Pumuckl so unnachahmlich in höchsten Tönen gesprochen hatte, müssen die Fans nicht verzichten. Schafroths Stimme wurde nach Angaben der Produktionsfirma mit künstlicher Intelligenz so bearbeitet, dass sie der von Clarin ähnelt, wenn auch weniger schrill. Diese Version ist auch im Kino zu hören. Beim Serienstart auf RTL+ können die Zuschauerinnen und Zuschauer dann auf Wunsch auch Schafroths eigene Interpretation der Koboldstimme hören.
Die Chemie zwischen Pumuckl und Florian Eder jedenfalls stimmt. Das wird schon gleich zu Beginn deutlich, wenn der junge Eder belustigt und ziemlich verwundert auf den kleinen, rothaarigen Kerl starrt, der da vor ihm herumspringt. So, wie Pumuckl nun an Eder gebunden ist, kann auch der Tischler bald nicht mehr von ihm los, zu sehr ist ihm dieser Wicht ans Herz gewachsen. Nur dass dieses kleine Wesen davon träumt, eine Maß Bier zu trinken, kann er ihm nicht so recht glauben.
Besonders innig wird es in der zweiten Folge, in der Pumuckl zu verstehen versucht, was „das Sterbseln“ des alten Eder bedeutet. Dass Eder auf dem Friedhof im Grab liegt - unvorstellbar für Pumuckl, der seinen alten Gefährten schleunigst ausgraben will. Florian findet schöne Worte und erzählt vom Sterben des Körpers und von der Seele, die weiterlebt. Dinge, die Pumuckl versteht, wenn auch mit Mühe. „Irgendwann muss ja mal Schluss mit dem Tod sein“, befindet er. „Das ist ja furchtbar langweilig!“
Cordula Dieckmann/dpa