Das 50. Jubiläum des steirischen herbst ist am Donnerstagabend in der Alten Universität in Graz gefeiert worden. Komponist Georg Friedrich Haas schilderte in einer sehr persönlichen Rede die Nazi-Vergangenheit seiner Familie und gab der Hoffnung Ausdruck, dass Neue Musik und Kunst, wie sie der herbst zeigt, ein Mittel gegen rechte Gesinnung bei Jugendlichen sein könnte.

ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer bezeichnete den steirischen herbst als "Stachel im Fleisch der saturierten Kunst", ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl sah in der Kunst eine "Waffe gegen die Gleichgültigkeit". Es folgte ein von Pia Hierzegger moderiertes Gespräch zwischen herbst-Intendantin Veronica Kaup-Hasler, ÖVP-Kulturlandesrat Christopher Drexler und ÖVP-Kulturstadtrat Günter Riegler. Auf die Frage, wie wichtig Skandale für das Festival seien, meinte Drexler: "Ich sehne mich schon nach einer gewissen Provokation." Riegler beteuerte, er hätte kein Problem, sein Büro für eine herbst-Aktion zur Verfügung zu stellen. Es sei ihr nie um Skandale gegangen, sondern "mir war immer wichtig, Brücken zu bauen zum Publikum", betonte Kaup-Hasler.

Komponist Georg Friedrich Haas erzählte von seinen Anfängen im steirischen herbst vor mehr als 40 Jahren. Trotz eher missglückter Premiere "fühlte ich mich aufgenommen in den Kreis der Künstler der Gegenwart." Er beschrieb den "Schmerz und die Radikalität" speziell der österreichischen Kunst nach 1945, als "die Nazis wieder da waren und Teile des öffentlichen Lebens unterwanderten." So sei der Aktionismus hier "gewaltsamer und dunkler" gewesen, vergleiche man etwa Werke von Günter Brus oder Rudolf Schwarzkogler mit den "dagegen verspielten Arbeiten von Nam Jun Paik oder Yoko Ono." Auch die Härte der Sprache von Wolfgang Bauer oder Werner Schwab sei einzigartig, führte Haas aus.

Er erzählte von seiner Familie, die aus treuen Nationalsozialisten bestand und den Tod einiger Menschen auf dem Gewissen hätten. "Wenn ich komponiere, stehen die Toten hinter mir. Ich habe lange gebraucht, um die Wahrheit zu sehen." Er gab der Hoffnung Ausdruck, dass Musik wie jene von John Cage gerade junge Neonazis positiv beeinflussen könne. "Kunst kann missbraucht werden, aber Kunst kann auch der archimedische Punkt sein, an dem die inhumane Kunst aus den Angeln gehoben wird", betonte Haas und meinte: "Wir haben noch viel zu tun und wir werden es tun."