Am 24. April feiert das Performancekollektiv Planetenparty Prinzip mit "Der Hamsterkäfig" eine Premiere. Die Zuschauer werden dabei zu virtuellen, ehrenamtlichen Tierpflegern. Welche Idee steht hinter diesem skurrilen Setting?
MIRIAM SCHMID: Das Publikum wird angesprochen, an dieser tollen Rettungsaktion teilzunehmen. Alles spielt in der fiktiven Stadt Hamsterdam mit einem Hamster als Wahrzeichen. Es gibt auch den Hamsterdamer Hamsterzoo, wo die originalen Hamsterdamer Hamster leben. Ein bisschen wie die Stadt Bern mit den Bären.
Warum gerade ein Hamster?
ALEXANDER BENKE: Das geht auf die Grundidee der Produktion zurück: Was passiert, wenn mehrere Personen mit einem Tamagotchi spielen? Wird man das Tamagotchi dann überfüttern, weil ihm jeder zu fressen gibt, oder wird es verhungern, weil alle zögern? Und den Hamster haben wir gewählt, weil er etwas Entbehrliches an sich hat. Ein Tier, das nur zum Pflegen, nicht zum Spielen da ist. Ein Übungshaustier für ein paar Euro. Das hat uns als Kümmerobjekt interessiert.
Das Publikum muss mitpflegen, also mitspielen. Diesmal per Computer, Smartphone und man bekommt sogar per Post eine Zusendung. Gibt es die Gefahr, die Zuschauer zu überfordern?
BENKE: Es ist sicherlich nicht unser niederschwelligstes Projekt. Ein interessanter Aspekt an den verschiedenen Spielmaterialien ist, dass sich das Publikum innerhalb der Teams darüber austauscht.
Wie wenigen gelingt es dem Planetenparty Prinzip, digitales Theater als Möglichkeitsraum und nicht als Mangel zu verstehen. Wundert es Sie, dass nur wenige das Potenzial nutzen?
BENKE: Es ist ein Vorteil, technikaffin zu sein. Wir haben uns ja auch vor Corona schon mit unterschiedlichen Technologien auseinandergesetzt.
SCHMID: Und bei uns hat Moritz Ostanek große Lust, sich mit Videotechnik zu befassen. Wenn du niemanden in der Gruppe hast, der dir das macht, kann man es sich nicht leisten. Ein anderer Punkt betrifft unsere Arbeitsweise: Wir schauen uns ein Thema oder gesellschaftliche Prozesse an und entwickeln entsprechende Formate, wodurch wir sehr unterschiedliche Sachen machen. Das ist Teil unserer Art zu arbeiten.
Wie geht es Ihnen mit dem Thema Wertschätzung – wie viel darf man sich erwarten und erhoffen?
BENKE: Wir freuen uns natürlich über jedes positive Feedback vom Publikum. Ich kann aber auch nachvollziehen, wenn jemand sagt, das war nicht mein Geschmack, oder auf Online-Dinge habe ich keine Lust mehr.
SCHMID: Wir fühlen uns in der Steiermark mittlerweile sehr gut angekommen: Wie wir von den Fördergebern und unserem Publikum wahrgenommen werden, dass wir auch die Rückmeldung kriegen, dass es klasse ist, dass wir da sind und wir eine Bereicherung für die Kulturszene sind. Das tut natürlich extrem gut, dass man nicht das Gefühl, man hackelt nur für sich und es ist alles wurscht. Wir fühlen uns wahrgenommen und das kriegen wir auch von den unterschiedlichen Institutionen zurückgemeldet.
Wenn es um die Lebensentscheidung geht, im Theaterbereich bleiben zu wollen: Hat das Coronajahr Sie der Kunst nähergebracht oder entfremdet?
BENKE: Weder noch, würde ich aus meiner Perspektive sagen.
Ich habe mich vor allem innerhalb des Kollektivs sehr bestätigt gefühlt, weil wir sehr schnell auf diese Situation reagiert haben und schöne Projekte daraus entstanden sind. Da habe ich gemerkt, dieses Kollektiv ist auch in schwierigen Zeiten handlungsfähig. Eine wichtige Erkenntnis.
SCHMID: In schwierigen Zeiten rückt man zusammen und hat ein gutes Gruppengefühl. Anders ist das bei der Szene: Leute, die ich sonst bei Premieren gesehen habe, habe ich das ganze Jahr nicht gesehen. Die informellen Räume für diese Begegnungen fehlen. Insofern weiß ich sehr wenig darüber, wie es den anderen in der Szene geht.
Plant ihr für eure nächsten Produktionen noch digitale Varianten ein?
BENKE: Die übernächste Premiere ist für Ende September geplant. Insofern sind wir vorsichtig optimistisch, dass sie live stattfinden kann. Das waren wir allerdings auch schon beim "Hamsterkäfig". Das hat sich dann anders herausgestellt.
Wie groß ist die Vorfreude auf eine Bühne mit Publikum?
BENKE: Schon sehr groß. Das ist eine Sache, die bei Online-Performances fehlt: Das Stück ist aus und dann ist man allein. So viele Applaus-Gifs kann man gar nicht geschickt bekommen, um das auszugleichen.
Zu den Personen: Alexander Benke, geboren 1995 in Friesach, ist seit 2012 freier Schauspieler, Regisseur und ausgebildeter Theaterpädagoge. Miriam Schmid, geboren 1989, ist seit 2010 freie Performerin, Kabarettistin und Theatermacherin. Mitbegründerin des Planetenparty Prinzips.