Der Raiffeisen-Kultursommer stellte sich vor. Diesmal allerdings nicht so sehr programmatisch, sondern mit seinen Zielen als Unterstützer der Kulturszene, die „ein wichtiger Teil des Wirtschaftsmotors ist“, wie Martin Schaller gestern bei einer Pressekonferenz sagte. Der Generaldirektor der Landesbank Steiermark wartete denn auch gleich mit Zahlen auf, „und Zahlen sind immer wichtig“, nicht nur für Banker.
Im Kunst- und Kultursektor sind laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) in der Steiermark 11.600 Personen beschäftigt, sie produzieren eine Wertschöpfung von 625 Millionen Euro. Weitere 15.000 indirekt beteiligte Personen – etwa aus dem Tourismus-, Gastronomie- und Zulieferbereich – lassen die Summe der Wertschöpfung gar auf 925 Millionen Euro steigen.
Schaller betonte, dass sein Unternehmen, das derzeit insgesamt 4500 Organisationen in der Steiermark unterstützt und rund 1000 davon aus dem Kulturbereich, auch in Pandemiezeiten die Partner nicht vergessen hätte und nach dem Motto „Rudern statt sudern“ auch jetzt zur Stelle ist, denn die steirische Wirtschaft profitiere an der Wiederbelebung von Kunst und Kultur mit. Deren Vertreter tragen zur Wirtschaftsentwicklung Wesentliches bei, „auch zum Wohlbefinden der Gesellschaft, und wie man weiß: Stimmung ist die halbe Konjunktur.“
Alexia Getzinger, kaufmännische Geschäftsführerin des Universalmuseums Joanneum, ergänzte Schallers heimische Daten um europäische. Laut der Studie „Rebuilding Europe“ trägt die Kulturbranche 4,4 Prozent zum gesamteuropäischen Bruttoinlandsprodukt bei. 7,6 Millionen Beschäftigte sorgen dabei für eine Wertschöpfung von 253 Milliarden Euro. Getzinger sprach zum einen über die schwierige, aber gut gemeisterte Pandemiezeit des Joanneums mit seinen 19 Häusern. Zum anderen über die von der Landestochter organisierte erstmalige „Steiermark Schau“, wo der Andrang mit bisher 23.000 Besuchern zwar unter den Erwartungen liege, „aber es zieht an, und wir sind optimistisch, auch dank so wichtiger Partnerschaften wie mit Raiffeisen“.
Positiv in die Zukunft blickt auch Markus Schirmer – als Künstler und als Veranstalter. Der Grazer Ausnahmepianist lädt ja zum siebenten Mal zu seinem internationalen Festival ar|:s:|onore, heuer vom 8. bis 12. September, ins Schloss Eggenberg und einmal sogar in die Oper: „Live-Auftritte sind immer noch das Beste, was wir bieten können. Aber es wird sicher auch weiterhin Streams geben, mit denen man andere Publikumsschichten erreichen kann, und auch hybride Präsentationsformen“. Schirmer sieht alle Veranstalter noch in der Findungsphase, wie man Kulturprogramme nach dem Schock der Pandemie künftig inhaltlich und organisatorisch gestalten soll.
Diesbezüglich festgelegt hat sich schon Mathis Huber. Der Intendant des Hauses styriarte wird sein am 25. Juni startendes Festival wie auch die Konzertsaison 2021/22 des Orchesters recreation trotz der nunmehrigen Totalöffnung so durchführen wie geplant – also Sitzplan im Schachbrettmuster, zwei Konzerte am Abend, kürzere Programme. „Wir behalten das System bei, das uns die Not aufgezwungen hat, orientieren uns an der Interessenslage des Publikums, das flexibler bedient sein will, und schaffen Komfortzonen“, sagt Huber.
Wie er und sein Team durch die Pandemie gekommen seien? „Danke zu sagen, ist das, was wir derzeit am besten können sollten“. Man habe sich auf ein starkes Dreibein an Partnerschaften verlassen können: Erstens sei das Publikum solidarisch gewesen und habe zum Beispiel im ersten Lockdown schon bezahlte Eintrittsgelder teilweise nicht zurückverlangt, sondern in einen Künstler-Hilfsfonds fließen lassen. Zweitens seien die Sponsoren treu geblieben. Und drittens sei die staatliche Hilfe „exzessiv gewesen. Wir sind jedenfalls fantastisch durch die Krise gekommen und haben dadurch mit oder ohne Publikum – nur vor den Kameras für unsere Streamings – alles spielen können, was geplant war“. Natürlich sei das Hin und Her, Auf und Ab „nervenzerfetzend bis zum Ende“ gewesen, gesteht auch der Zweckoptimist Huber, „aber wenn man einen großen Gewinn aus dieser Krise ziehen kann, dann den: Corona hat alle Betriebe so fundamental durchgebeutelt, dass man gar nicht anders konnte, als inhaltlich alles neu zu überdenken und neu aufzubauen.“
Michael Tschida