Rathaus der Herzen“ leuchtete es bis vor Kurzem von der Adresse Stadtpark 1. Der rote Schriftzug ist inzwischen zwar ins Innere verlegt, der Titel aber bleibt Programm. „Er beschreibt sowohl den konkreten Ort als auch die Alltagsrealität“, sagt Heidrun Primas. Ihr Mehrspartenhaus, das 2016 in 190 Veranstaltungen rund 20.000 Besucher zählte und seit bald 60 Jahren Reibebaum im Grazer Stadt- und Kulturgefüge ist, sieht die Forum-Leiterin als „ein Visavis zum Rathaus am Hauptplatz“. Ein überparteilicher Ort der künstlerischen Gegenwartspraxis. Ein Ort der Produktion und für Debatten. Sowie einer für die „unaufgeregte Suche nach Neuem“.
2017 ist viel passiert: Vorstand und Programmforum wurden neu gewählt, es hagelte Kritik von der neuen Stadtkoalition, und viele Fragen des Zusammenlebens der heterogenen Stadtparkbewohner sind bislang ungelöst. All das provozierte das Team zum Motto „Wir nach dem Wir“. Vorstands-Vize Robin Klengel erklärt: „Was ist das Wir? Wir finden es wichtig, diese Frage breit zu stellen.“ Gesucht werden neue gemeinsame Nenner vom Wir. Sparten- und generationenübergreifend.
Den Nationalstaat als Wir-Konstruktion hinterfragen die neuen Verantwortlichen für Gesellschaftspolitik, Markus Gönitzer und Leo Kühberger, in einer Konferenz für praktische Kritik (20. bis 22. April). Und jeden ersten Mittwoch im Monat wird in der Reihe „Debating.Society“ ein Buch aus dem Bereich der emanzipatorischen Theorien diskutiert. Nationalisierungstendenzen in der Sprache sind ein Spezialgebiet des Kollektivs Nazis & Goldmund (Gerhild Steinbuch, Sandra Gugic, Jörg Albrecht, Thomas Arzt, Thomas Köck), das Christoph Szalay am 24/25. 4. nach Graz holt.
Gerald und Eva Pichler (zweintopf) sind nun für die Kunst verantwortlich und bringen im Juni eine Personale des Medienkünstlers Kay Walkowiak. Und mit Clara Wildberger gibt's erstmals wieder eine eigene Fotografie-Verantwortliche: Sie stellt in der Schau „Sisterhood and Gentleman“ die Wir-Frage aus feministischer Sicht.
Frische Positionen durchziehen 2018. Gleichzeitig bereitet das Forum für 2019/20 seinen 60er vor. Vorstand Emil Gruber verspricht ein „vorwärtsgewandtes Jubiläum“. Schöne Fügung: Choreografin Jing Hong Okorn Kuo erarbeitet mit Menschen über 60 eine Performance, und einer der Mitwirkenden, Architekt Eugen Gross, gründete einst das Forum mit.