Man darf schon von einer kleinen Serie sprechen: Zum dritten Mal in Folge steht Österreich im Finale beim Eurovision Song Contest, dem weltgrößten Musikwettbewerb. Zoë konnte sowohl Juroren als auch das Publikum von sich überzeugen und schaffte mit ihrer Nummer "Loin d'ici" Dienstagnacht in Stockholm den Sprung unter die besten zehn des ersten Semifinales. An den Start gingen 18 Nationen.

Als die Wienerin mit Startnummer zwölf die Bühne betrat, war von Nervosität keine Spur. Im pfirsichfarbenen Kleid der steirischen Designerin Eva Poleschinski unterlief ihr während der knapp drei Minuten auch kein sicht- oder hörbarer Fehler. Die Sängerin blieb stets hoch konzentriert, auch um keine falschen Schritte zu setzen. Denn allzu unüberlegte und hektische Bewegungen hätte ihr das bodenlange Outfit nicht verziehen. Nicht ganz kitschfreier, aber gelungener Nebeneffekt ihrer Show: Blümchen, Schmetterlinge und ein Regenbogen auf einer riesigen LED-Wand im Hintergrund. Am kommenden Samstag darf die 19-Jährige nun abermals auf die Bühne, um das Kunststück zu schaffen, die Song-Contest-Trophäe ein zweites Mal binnen zwei Jahren nach Österreich zu holen.

Neben Zoë zogen gestern ihre Mitbewerber aus Aserbaidschan, Russland, den Niederlanden, Ungarn, Kroatien (mit Komponisten aus Österreich), Zypern, Armenien, Malta und zum ersten Mal überhaupt Tschechien ins Finale. Insgesamt war das musikalische Niveau im ersten Halbfinale aber eher bescheiden und ehe die Verkündung der zehn Sänger/Bands ansetzte, war es für die Zuseher auf die Schnelle nicht leicht, viele finalwürdige Nationen zu nennen. Im Jahr nach Måns Zelmerlöws Effektshow in Wien schienen sich viele Kandidaten mehr auf die Bühnenshow, als ihr eigenes Lied konzentriert zu haben. Vielleicht wollte man der traditionell schwer beantwortbaren Frage, was ein song-contest-taugliches Lied ausmacht, entgehen. Das Ergebnis waren jedenfalls viele überladene Kompositionen, deren stimmliche Qualität einige Male, wie bei Finnlands Sandhja, sehr zu wünschen übrig ließ. Die in den letzten Jahren so erfolgreichen Duette, wie im Vorjahr Estland mit Elina Born und Stig Räst, fehlten im ersten Semifinale völlig und auch die Ballade zählt in der Welt des Song Contests zu einer aussterbenden Art. Positive Überraschungen waren der erfrischende Auftritt von Douwe Bob aus den Niederlanden, die äußerst aufwendige Effekt-Show von Sergey Lazarev aus Russland und der stimmlich überzeugende Freddie aus Ungarn. 

Zoë während ihrer fehlerfreien drei Minuten
Zoë während ihrer fehlerfreien drei Minuten © AP

Wie geht es für Zoë über das Wettsingen hinaus weiter? "Unabhängig von der Platzierung haben wir die Präsenz beim Eurovision Song Contest allein immer schon als tolle Promotion-Plattform gesehen", erklärt Christof Straub, ihr Vater, Co-Komponist, Produzent und Manager. Daher werde man „das, was wir in Österreich schon bisher erfolgreich betrieben haben, nämlich eine Künstlerin mit eigenem Stil zu präsentieren, durch Live-Konzerte Schritt für Schritt auf andere Länder ausbauen – wie es jede gute Band tut“, so Straub. "Auch den Finalplatz sehen wir nur als kleine Stufe auf ihrem Weg", gesteht der Herr Papa. In Deutschland und in der Schweiz ist Zoës Debütalbum bereits auf den Markt gekommen, für den Herbst will man dort kleinere Klubs buchen, um "Schritt für Schritt und mit Arbeit, die Zoë viel Spaß macht, ein Stammpublikum aufzubauen". Der französische Plattenmanager von Warner zeigt zudem Interesse an einer CD-Veröffentlichung von "Debut Deluxe". Zudem hofft Zoë auf neue Angebote als Schauspielerin.

Übrigens: Statt der angekündigten 16.000 Besucher bietet die Globe-Arena in Schwedens Hauptstadt nur 10.500 Zuschauern Platz. Somit ist der Eurovision Song Contest 2016 nicht größer als das Wettsingen in Wien im Vorjahr. Grund: Die mächtige Bühne, die eigentlich eine enorme LED-Projektionsfläche ist und dadurch uferlos wirkt, nimmt mehr Platz ein als im ursprünglichen Konzept. Immer wieder wird sie zum Lichtdom. Das Auge in Wien hatte einen völlig anderen Charakter. Am Donnerstagabend folgt das zweite Halbfinale mit abermals 18 Nationen am Start. Darunter die Schweiz, Weißrussland, Irland, Slowenien, Belgien, Norwegen, Dänemark und Australien. Die 20 Aufsteiger treffen dann am 14. Mai in der Finalshow auf die sogenannten Big Five, die fünf größten EBU-Zahler Deutschland, Italien, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien sowie auf Gastgeber Schweden, die allesamt fix für die Endrunde qualifiziert sind. 

DANIEL HADLER, CHRISTOPH STEINER, CHRISTIAN UDE