Israelische Partymusik, zypriotische Schmuseklänge und schwedische Poproutine: Beim 2. Halbfinale des Eurovision Song Contests setzten sich am Donnerstagabend in der Wiener Stadthalle weitgehend die erwarteten Kandidaten durch und ergatterten eines der begehrten Finaltickets für den 23. Mai. Weiter kamen etwa die Top-Favoriten Schweden, Norwegen und Slowenien. Dazu gesellen sich Litauen, Montenegro, Israel, Lettland, Aserbaidschan, Zypern und Polen. Damit sind Irland, San Marino, Malta, Portugal, Tschechien, Island und die Schweiz ausgeschieden.
Komplettiert wird das Starterfeld am Samstag beim "Grande Finale" von den am Dienstag aufgestiegenen zehn Kandidaten, den "Big Five" Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien sowie Gastgeber Österreich und Ehrengast Australien.
Song Contest: Schweden souverän
Vorausgesagt und eingetreten ist etwa der Aufstieg von Schweden: Mans Zelmerlöw hatte seine Strichmännchen im Griff, schmetterte "Heroes" zur Freude des Publikums mit viel Verve und darf sich weiterhin in der Favoritenrolle sonnen. Gesellschaft bekommt er dort nicht nur vom norwegischen Duo Mörland und Debrah Scarlett, das mit "A Monster Like Me" den stimmungsmäßigen Gegensatz lieferte, sondern wohl auch von Nadav Guedj: Der israelische Jungspund lieferte eine der überzeugendsten Performances des Abends ab und hatte das Publikum mit goldenen Schuhen als "Golden Boy" jederzeit im Griff.
Perfekter Radiopop brachte auch Slowenien ein Ticket für den Samstag: Wobei das Duo Maraaya, unterstützt von einer etwas überflüssigen Luftviolinistin, in "Here For You" zwar viele Tugenden vereint, mit der optischen Umsetzung allerdings keine Zusatzpunkte einheimsen kann. Für Aminata Savadogo gilt dies nicht: Ihr elektronisch geprägter Song "Love Injected" erstrahlte gerade ob der visuellen Opulenz in vielen Farben. Ein (Alb)Traum in rosa war der polnische Beitrag: Monika Kuszynskas Powerballade "In The Name Of Love" überzeugte aber trotz oder vielleicht gerade aufgrund der vielen Kirschblüten im Hintergrund.
Komplettiert wird das Feld der Glücklichen von Montenegros Knez, dessen Schmachtfetzen "Adio" ihm ebenso die nötigen Stimmen von Jury und Publikum einbrachte, wie das ähnlich gelagerte, aber noch mehr der Mystik zugewandte "Hour Of The Wolf" von Elnur Hüseynov aus Aserbaidschan. Geradezu zart gelang im Gegensatz dazu dem Zyprioten John Karayiannis' "One Thing I Should Have Done", ein minimalistischer Liebessong, mit dem sich der im Anzug steckende nette Bub von nebenan durchsetzen konnte. Ähnliche Prädikate treffen auf "This Time" der Litauer Monika Linkyte und Vaidas Baumila zu, was sie dennoch nicht am Finaleinzug hinderte.
Irland ausgeschieden
Das Nachsehen hatten u.a. die Jüngsten im Feld: Irlands Molly Sterling brachte ihr melancholischer Song "Playing With Numbers" ebenso wenig den erhofften Platz für die Finalshow wie Michele Perniola und Anita Simoncini aus San Marino. Das von Ralph Siegel komponierte "Chain Of Lights" konnte trotz Weltverbesserungsansatz nicht punkten. Außerdem ist der ESC heuer seiner barfüßigen Teilnehmerin verlustig gegangen, da die Leichtfüßigkeit von Islands Maria Olafsdottir in "Unbroken" offensichtlich nicht reichte.
Selbes gilt für die zwar showtechnisch aufwendigen, gesanglich aber enttäuschenden Auftritte von Amber mit "Warrior" (Malta) und Leonor Andrade mit "Ha um mar que nos separa" (Portugal). Bereits im Vorfeld wenig Chancen waren der Schweizerin Melanie Rene ("Time To Shine") und dem tschechischen Duo Marta Jandova und Vaclav Noid Barta ("Hope Never Dies") eingeräumt worden.
Gleichermaßen souverän wie seriös präsentierte sich erneut das vierköpfige Moderatorinnenteam, bestehend aus Mirjam Weichselbraun, Alice Tumler und Arabella Kiesbauer sowie Green Room-Gastgeberin Conchita Wurst, deren Interviews im Künstleraufenthaltsraum für die ORF-Fernsehzuschauer in den Werbepausen verborgen blieb. Kleine Versprecher beim Titel des Song-Contest-Bosses der EBU, Jon Ola Sand, überspielte Weichselbraun indes gewohnt charmant.
Die großen Gags überließ man den Einspielfilmen zur Überbrückung, die etwa auf amüsante Weise österreichische Kultur- und Geistesgrößen wie Helene Winterstein-Kambersky als Erfinderin des wasserfesten Mascara als unverzichtbar für die Geschichte des ESC darstellten. Auch ein Best-of der Pannen beim Voting der vergangenen sechs Jahrzehnte nahmen etwaigen Unwägbarkeiten am Samstag die Dramatik.