Weltmeister, Mythos, Legende: Mike Tyson ist ein wahrhaftiges Schwergewicht in der Welt des Boxens. Doch wie gelang es dem in ärmlichen Verhältnissen ausgewachsenen New Yorker, den Olymp der Kampfkunst zu erklimmen? Der Aufstieg vom chancenlosen Kleinkriminellen hin zum unangefochtenen Champion seiner Disziplin? Der steinige Weg dorthin wird nun in Serienform nachgezeichnet. In acht Folgen widmet sich "Mike" dem turbulenten Lebens- und Leidensweg des Michael Gerard Tyson, ein Paradebeispiel für den amerikanischen Traum.
Sprühend vor frenetischer Energie, wechselt die Miniserie zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her. Die Rolle des Erzählers nimmt eine fiktionalisierte Version des erwachsenen Tyson ein, der zwischendurch in einem Stand-Up-ähnlichen Bühnensetting in Erscheinung tritt und seine vulnerable Seite offenlegt. Der reale Tyson war an der Produktion der Serie nicht mitbeteiligt und hat bereits vermehrt Kritik ausgesprochen. Ein Mitgrund, warum man sich nicht davor scheute, vereinzelt Seitenhiebe gegen den kontroversen Box-Helden auszuteilen. Ein gewisses Maß an Heroisierung kann man all dem aber trotzdem nur schwer absprechen. Angesichts zahlreicher Skandale und politischer Verwirrungen wirkt die oftmals in Watte gehüllte Erzählweise etwas ärgerlich – zumal die flotten Wechsel zwischen den Zeitebenen gelegentlich einen hektischen Eindruck hinterlassen.
Packend wird die Serie dann, wenn künstliches Beiwerk zur Seite geschoben wird und man stringent in die gnadenlose Welt abtaucht, in der Tyson einst zum Superstar avancierte. Die talentierte Darstellerriege trägt essenziell zu diesem roh-authentischen Flair bei. "Moonlight"-Star Trevante Rhodes legt den erwachsenen Tyson als scheinbar hartgesottenen Fleischklops an, unter dessen taffer Schale es nur so vor ungebändigtem Schmerz und Trauer wütet. Hollywood-Legende Harvey Keitel überzeugt als warmherziger Mentor, der im vermeintlichen Problemkind großes Potenzial erkennt und seinem Schützling den Weg in den Profi-Kampfsport ebnet. Ein erzählerisch etwas unausgereiftes Sportlerdrama, das jedoch durch beeindruckendes Schauspiel und eine dynamische Inszenierung glänzt.
Bewertung: ★ ★ ★ ☆ ☆ (3/5)
"Mike" ist auf Disney+ zu sehen.
Christian Pogatetz