Zu behaupten, dass James Corden polarisiert, wäre wohl maßlos untertrieben. Das Auftreten des berühmten Talkshow-Moderators, der unter anderem durch das starträchtige Erfolgsformat "Carpool Karaoke" weltweite Bekanntheit erlangte, wird oftmals als zu penetrant, künstlich und schlichtweg nervtötend aufgenommen. Der TV-Entertainer sah sich in den vergangenen Wochen mit einigen Negativschlagzeilen konfrontiert. Aufgrund seiner geringschätzigen Behandlung des Personals wurde er kürzlich aus einem New Yorker Szene-Restaurant verbannt – es war nicht das erste Mal, dass der 44-Jährige durch schäbiges Verhalten negativ aufgefallen war.
Inmitten des medialen Trubels wird auf Amazon Prime unterdessen still und heimlich eine neue Serie mit Corden in der Hauptrolle veröffentlicht, in der dieser ironischerweise ausgerechnet einen Küchenchef mimt. Eine gewisse Skepsis ist daher auf jeden Fall angebracht, zumal sich der gebürtige Brite in puncto Rollenwahl ("Cats", "Cinderella") neuerdings nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hat. Allerdings wird heute häufig vergessen, dass der Talkshow-Master einst eben als geschätzter Bühnen- und Filmschauspieler seine Karriere begonnen hat. Der Tony-Award-Preisträger kann immerhin unter anderem eine Zusammenarbeit mit der britischen Regie-Größe Mike Leigh vorweisen. "Mammals" ist für Corden daher der Versuch, nach einer Reihe von darstellerischen (wie auch persönlichen) Fehltritten wieder als Schauspieler ernst genommen zu werden. Und zumindest in dieser Hinsicht erweist sich die sechsteilige Dramedy als voller Erfolg. Schade nur, dass die Erzählung rundherum nicht ihr volles Potenzial zu entfalten vermag.
Im Vordergrund der Geschichte steht Sternekoch Jamie (Corden), dem wir zuerst auf einem harmonischen Kurzurlaub mit seiner schwangeren Gattin Amandine (Melia Kreiling) begegnen. Alles scheint in bester Ordnung zu sein, doch dann der große Schock: Amandine erleidet eine Fehlgeburt. Während ihrer Abwesenheit macht Jamie anhand mehrerer SMS eine herzzerreißende Entdeckung: Seine Frau scheint bereits seit einiger Zeit eine Affäre mit einem anderen Mann zu haben. Das idyllische Eheleben wird auf eine harte Probe gestellt.
Corden macht seine Sache – wie bereits angedeutet – tatsächlich wunderbar und beweist sich vor allem in Momenten voller Wehmut als überaus fähig und wandelbar. Doch auch seine Schauspielkolleginnen und Schauspielkollegen wissen zu überzeugen. Newcomerin Melia Kreiling zeigt sich als spannende Entdeckung, ergänzt wird die Besetzung unter anderem durch die stets fantastische Sally Hawkins ("The Shape of Water"), deren Figur eine herrlich mysteriöse Aura umgibt. Leider kann die Serie inhaltlich nicht mit den starken Darstellerleistungen mithalten. Das aus der Feder des geschätzten Dramatikers Jez Butterworth stammende Drehbuch findet keine angenehme Balance zwischen der angestrebten schwarzen Komik und dem tief tragischen Unterboden. Zu schleppend entfalten sich in sechs jeweils 30-minütigen Folgen vermehrt Skandale, Intrigen und Rosenkriege, die in einem einzigen Spielfilm wohl besser aufgehoben gewesen wären. Als Starvehikel und respektabler Talentbeweis für seinen verrufenen Hauptdarsteller ist die kurzweilige Amazon-Produktion unterm Strich dennoch einen Blick wert.
Bewertung: ★ ★ ★ ☆ ☆ (3/5)
Christian Pogatetz