Da steht Allie (Julia Koschitz) irgendwann inmitten einer Zeitschleife ganz kurz, ganz still, das Abgehetzte haftet an ihr, die Verzweiflung auch, und in dem kurzen Moment dreht sie sich zu einem hin und sagt: "Ich habe diesen Tag schon 1000 Mal erlebt." Immer und immer wieder wacht sie neben ihrem Mann, dem Piloten Leo (Laurence Rupp) auf, und weiß, dass am Abend das Telefon läuten wird: Leos Maschine, abgestürzt irgendwo über dem Atlantik. Jahre später wird ein gewisser Jacob (Aaron Kissiov), 14 Jahre alt, bei einem Unfall nicht nur seine Mutter aus dem Wasser ziehen, sondern gleich noch ein paar andere Leute. Den jungen Helden plagen seitdem andere Sorgen: Flashbacks von einem Flugzeugabsturz. Und irgendwann wird es aus ihm herausplatzen: "Wir sind alle dem Untergang geweiht!" Und Jacob sagt das Unfassbare, das ihn fortan zum Außenseiter machen wird: "Mein Name war Leo. Ich war der Pilot von Flug 2205." Fortan steht im Raum: Ist dieser Jacob ein Teenager, der sich wichtig macht, ist es eine posttraumatische Belastungsstörung oder ist es gar das Unmögliche, das hier geschieht? Eine Seelenwanderung, dass man nie stirbt, immer wiedergeboren wird?
In einer nahen Zukunft will Journalistin Linn (Lili Epply) einem Guru (Aleksandar Jovanovic) auf die Schliche kommen, der Verzweifelten eine Art "Rückführung" anbietet. Seelenwanderung als eine Art Hoffnungsschimmer, der die dunklen Nächte erleuchtet, in denen man an den Tod denkt? Serienmacher Alex Eslam und Hanna Maria Heidrich spannen in acht Folgen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit diesen drei Schauplätzen zusammen, um eine universelle Erkenntnis durchzudeklinieren, die André Heller einst in seinem Lied "Abendland" perfekt auf den Punkt gebracht hat: "Als ich das erste Mal begriff, dass wir nicht an der Fähigkeit zu sterben, sondern an der Unfähigkeit zu leben zugrunde gehen."
"Souls" entzieht sich sehr geschickt und mit einem nüchternen Blick auf die Dinge jeglicher Nähe zum Eso-Schmafu, wie auch Hauptdarstellerin Julia Koschitz im Gespräch mit der Kleinen Zeitung betont: "Es geht um Verlust, um den Tod und das Leben nach dem Tod, aber ganz grundsätzlich geht es um das Leben. Es geht um die Schwierigkeit des Loslassens, die uns alle irgendwann mal begegnet. Seelenwanderung ist ein Thema, aber die Serie behandelt die großen Fragen des Menschseins." Die Macher schicken ihre Protagonisten durch deren ganz persönliche Höllenkreise. Die drei Handlungsstränge als Bühnen, auf denen zum Teil kammerspielartig das Leben und sein Sinn verhandelt werden. Julia Koschitz, Lili Epply, Aaron Kissiov und Brigitte Hobmeier als Jacobs Mutter loten ihre Rollen emotional bis zum Anschlag aus.
Kissiov, der den introvertierten Jacob mit hoher Intensität spielt, zeigt sich im Gespräch vor allem von der Psychologie seiner Rolle begeistert: "Mich persönlich interessiert nicht so sehr der seelenwandlerische Aspekt, sondern: Wie reagieren Leute darauf, dass jemand so eine Aussage trifft? Und so davon überzeugt ist, dass er sogar andere davon überzeugen kann? Was wäre die Konsequenz daraus, daran zu glauben? Ganz egal, ob es stimmt oder nicht."
"Souls" ist auf Sky zu sehen.
Bewertung: ★ ★ ★ ★ ☆ (4/5)