Irgendwann wird Kaiserin Elisabeth in der Serie den Satz sagen, der abseits aller filmischen Produktionen wohl auch heute noch Gültigkeit hat: "Alle wollen in meinen Kopf rein". Nicht wenige haben sich bislang den Kopf darüber zerbrochen, wer und wie sie war – abseits der bekannten Parameter, die da sind: eine junge Adelige, die Kaiserin wird und zeit ihres Lebens mit der Enge des goldenen Käfigs hadert. Die vorgegebene Spielwiese der Inszenierung ist in etwa so eng geschnitten wie die Uniform des Kaisers. Auch in "Die Kaiserin" geht man diesen Weg und legt in den ersten sechs Folgen den Fokus auf das Kennenlernen und die noch junge Beziehung zwischen Elisabeth und Kaiser Franz Joseph I. Das ist in etwa der Markenkern, den man von anderen Produktionen auch kennt.
Erfrischend anders sind hingegen die Paarungen, die hier aufeinandertreffen: Da wäre Devrim Lingnau als Elisabeth, die das im Zusammenhang mit der Kaiserin gern verwendete Wort Wildfang tatsächlich mit Leben erfüllt. Eine junge Frau, die bei all der Opulenz, die sie umgibt, nur mit gestutzten Flügeln zum Daseinszweck gezwungen werden kann: die Thronfolge zu sichern. Lingnau verdichtet hier gekonnt Leichtigkeit, Naturverbundenheit und Selbstvertrauen. Der Kaiser (Philip Froissant) hingegen, er ist von klein auf zum Regieren verdonnert. Mehr Last, denn Lust. Er sieht in Elisabeth den Schlüssel zu seinem eigenen goldenen Käfig. Froissant gibt mit feiner Zurückhaltung den schüchtern-melancholischen Mann, der beständig gegen das Einschüchternde seines Amtes kämpfen muss.
Der Paarlauf zwischen Lingnau und Froissant ist gelungen, sympathisch und vor allem kitschbefreit. Auch das Klischee der bösen Schwiegermutter Sophie darf nicht fehlen: Melika Foroutan gibt mit Bravour das personifizierte spanische Hofzeremoniell. Eine Teflonschicht, die sich über ihre persönlichen Schicksalsschläge gelegt hat. Die wohl spannendste Nebenfigur gibt hingegen ein Niederösterreicher: Johannes Nussbaum in seiner Rolle als Maximilian I. Der Zweitgeborene, der nie an die Macht kommen wird, und den dieser Phantomschmerz mit aller Härte umtreibt. Der diesen Bedeutungsverlust herrlich mit Dekadenz und Intrigen aufzufüllen versucht und daran scheitert (Historiker würden vor Empörung in Schnappatmung verfallen). Diese Viererpaarung verleiht der opulent ausgestatteten Serie (was sonst) eine mehr als spannende Note. Aber natürlich: Es ist eine klassische Sisi-Serie, aber nicht zwingend in allen Belangen mehr vom Gleichen. Worauf man auch hier nicht verzichten will und dann in die Kitschfalle tappt: die Verklärung der Kaiserin als Heldin der Armen und Unterdrückten.
"Die Kaiserin" ist auf Netflix zu sehen.
Bewertung: ★ ★ ★ ☆ ☆ (3/5)