Irgendwann wird einer in der Serie sagen: "Wenn man das Problem lösen kann, ohne dass man jemanden umbringt, dann ist es kein Problem." Das beschreibt ungefähr das Koordinatensystem des Universums, in dem "King of Stonks" (Netflix) so spielt. Irgendwo im schwarzen Loch nebenan ist das "Wirecard"-Imperium implodiert, aber die Ausläufer der Hybris sind hier überall spürbar. Abgehoben? Nein, in diesen Kreisen sagt man wohl eher abgespaced und das erinnert nicht nur zufällig an Elon Musk.
Es ist die klassische Mixtur: ein Start-up, irgendwas mit Internet, ein paar Blender und solche, die sich gerne blenden lassen. Nach außen hin ist das deutsche Start-up "Cable Cash AG" das neue Liebkind der Techbranche. Deren aufgeregte Schnappatmung lässt wiederum die Politik neugierig werden, denn dort, wo die angebliche Innovation ist, dort wollen eben alle hin. Die Warnsignale blenden sie aus, wie hyperaktive Rehe beim Überqueren der Bundesstraße. Bumm, nach dem Crash sind immer alle gescheiter.
Aber soweit sind wir noch nicht: Magnus Cramer (Matthias Brandt), der Chef von "Cable Cash", schwebt vom Machtrausch trunken beständig zwei Meter über dem Boden und nur einer versucht vor dem Börsengang verzweifelt die Fäden zusammenzuhalten: der IT-Manager Felix Armand (Thomas Schubert). Denn hinter der grellen Fassade der Firma, da bröckelt es gewaltig, denn die unheilige Trias Internetpornografie, Geldwäsche für die Mafia und Anleger-Täuschung bilden das Rückgrat von "Cable Cash" – nur erfahren soll das halt bitte niemand. Apropos Rückgrat, wie gut, dass Felix Armand ohnehin nicht über selbiges verfügt, somit bietet er ganz ohne schlechtes Gewissen mehr oder weniger gekonnt das ganz große Täuschungsmanöver auf, um alle gegeneinander auszuspielen.
Die sechsteilige Satire-Serie transferiert die Tech-Hysterie aus dem Silicon Valley nach Düsseldorf und inszeniert dort gekonnt einen überdrehten Abklatsch einer Szene, die sich für die Elite der Welt hält.
Wo Männer wie Magnus Cramer und Felix Armand von null auf hundert aus der Kanone geschossen werden und kurz darauf der Tross der Geblendeten zur Ankunftsverherrlichung Aufstellung nimmt. Im Schlepptau der kleinen Könige: Die dauergrinsenden Klatscher, die inständig darauf hoffen, dass die erste gemeinsame Koksline mit dem Chef auch gleich die erste Sprosse der Karriereleiter ist.
Eine gelungene Satire, die offenlegt, welche Märchen einem in diesem Zirkus namens Techbranche gerne verkauft werden: Viel zu viele Einhörner, die aber nichts mehr sind, als ganz gewöhnliche One-Trick-Ponys.
"King of Stonks" auf Netflix