Beginnen wir doch diese Geschichte mit einem Gruß aus dem vorigen Jahrhundert: 1984 singen Stefan Waggershausen und Alice den Gassenhauer „So nah am Feuer“. Alice heißt auch die Hauptprotagonistin der zehnteiligen Serie, 16 Jahre, 1986 irgendwo in einer norditalienischen Kleinstadt. Und sie wird in dieser Serie nah ans Feuer herankommen, verdammt nah sogar. Aber was soll man machen, wenn das Leben kurzerhand eine Vollbremsung hinlegt und man Vollgas Richtung anderes Leben fährt – mit einer Leiche im Kofferraum, aber dazu kommen wir noch. Alice, sie hat in ihrem kurzen Leben schon mehrfach die Richtung gewechselt: von der scheinbar heilen Familie, zur heilen Familie, zur kriminellen Familie. Ihr Vater wird erschossen, als sie noch klein ist. Dass er überlebt, aber ihre Mutter die Erzählung umschreibt, wird sie erst später erfahren. Denn ihr geliebter Vater stammt aus einer Mailänder Familie, die eine Art Außenstelle der ’Ndrangheta ist.

Und wie es der Teufel so will, erfährt Alice, dass ihr Vater doch ziemlich quicklebendig, aber im Gefängnis ist. Sie fährt kurzerhand nach Mailand, wird wieder in den Schoß der schrullig-hochkriminellen Familie aufgenommen und lernt ihre Großmutter Lina kennen. Der Kopf der Sippe und alles andere als zimperlich: „Und wenn sich mir irgendeine Ratte in den Weg stellt, dann werde ich sie in Säure auflösen.“ Dass Nonna Lina auch Heroin-Oma genannt wird, erfährt Alice erst, als sie ihrem Vater ein Versprechen gibt: die Leiche eines anderen Mafioso zu entsorgen. Und von da an gibt es kein Zurück mehr.

Wenn wir den Rahmen groß aufspannen wollen, dann packen wir gleich den großen Vergleich aus: „Bang Bang Baby“ ist eine sympathisch, wilde, witzige Mischung mit einem Hauch Tarantino und einer Prise Feenstaub der Coen-Brüder. Überbordend schrill im Grundton ausgeleuchtet, mit schräg-liebenswerten Charakteren, die der Klischeekiste entnommen, aber gut aufpoliert wurden. Über allem steht die fabelhafte Arianna Becheroni als Alice, deren Leben ordentlich Fahrt aufnimmt, aber sie nicht auf die Bremse, sondern noch aufs Gas steigt. Autofahren? „Kann ich besser als ein Mann!“

„Bang Bang Baby“ auf Amazon Prime, die zweite Hälfte ab 19. Mai.