"Unorthodox“ heißt, was 2015 in Buchform unter dem Titel „Überbitten“ auf Deutsch erschien. Ein autobiografisches Werk von Deborah Feldman, das Netflix in eine beachtenswerte jüngst Miniserie übersetzte. Im Mittelpunkt stehen polare Kulturen: Das weltoffene Dorado Berlin hier, die religiös strukturierte jüdisch-orthodoxe Gesellschaft von Williamsburg dort. Über Letzteres haben die vier Folgen wenig Schmeichelhaftes zu berichten: Schamhafte, archaische Strukturen, in denen Frauen zu Babymaschinen degradiert sind und der gedankliche Horizont im Vorgarten der eigenen Kultur endet. Mittendrin Esty, 19, die zwar nichts über Google oder Ausgelassenheit weiß, aber zur großen Entdeckerin mit Fluchtinstinkt wird.

Nur nicht zimperlich sein, ist die Devise von „ZeroZeroZero“ (Sky). Die Serie nach dem Bestseller von Mafia-Experte Roberto Saviano beschreibt zwar die höchste Reinheitsstufe von Kokain, aber sauber ist hier nichts und niemand: Ein alter Mafiapate in Kalabrien will noch einmal den großen Coup wagen und bestellt 5000 Kilogramm Kokain in Mexiko. Der Enkel stellt sich als Saboteur heraus und setzt eine Spirale in Gang, die sich durch Gewalt, Machthunger, Selbstüberschätzung und Geldgier selbst befeuert. Diese dunklen Parameter und deren Auswirkungen auf die Hauptcharaktere sind die große Stärke der Serie.

Damit wir hier nicht allzu optimistisch werden, kommen wir an „The Plot Against America“ (Sky) nicht vorbei. 2004 hat Philip Roth diese kontrafaktische Geschichte geschrieben. Also ein Spiel mit dem „Was wäre, wenn...?“, in dem Charles Lindbergh statt Franklin D. Roosevelt die US-Präsidentschaftswahlen gewinnt. Das Problem: Der Heldennimbus verdeckt, was Lindbergh – und das ist keine Fiktion – vor allem war: Nationalist, Antisemit, Hitler-Fan und gegen den Eintritt Amerikas in den Zweiten Weltkrieg. Diesen schleichenden Umbruch erleben wir aus der Perspektive einer jüdischen Familie in Newark. Und was sie sehen, ist dramatisch: Parolen („America First“!) und der Hass auf Minderheiten sind nur der Anfang. Wieder einmal ein Lehrstück, wie schnell Gesellschaften wanken, noch mehr wanken und dann kippen.



„Der Brief an den König“ bietet einen Abflug in die Fantasywelt, die die Autorin Tonke Dragt Anfang der 60er entwarf. Mit dem Verweis auf Herkunft und Alter des Stoffes sei der Vorwurf abgeschmettert, die Geschichte über Könige, Schwertkämpfe und Zauber wäre ein billiger Abklatsch von Genrekrösus „Game of Thrones“. Billig ist in der aufwendigen Netflix-Adaption ohnehin nichts: Erzählt wird vom Teenager Tiuri, dem zunächst das Zeug zum Ritter fehlt. Das als Zufall getarnte Schicksal führt ihn auf eine Reise, um einen Brief zu überbringen und damit die Welt oder zumindest das Königreich zu retten.