Wenn Batman, der dunkle Ritter von Gotham City, zum Rundumschlag ausholt, fallen die Gegner wie Dominosteine. So geschehen, 2022 im Kinohit „The Batman“, einem der aufregenderen Leinwandauftritte des Milliardenerben, der im Fledermausanzug um Gerechtigkeit kämpft. Den Bruce Wayne gab Robert Pattinson gebrochener denn je. Ein zerrissener Antiheld im hochdramatischen Emo-Look – mal schwarzen Eyeliner tragend, mal Nirvana hörend. Den bösen Buben konnte man, der makellos inszenierten Tristesse zum Trotz, erfolgreich das Handwerk legen. Der psychotische Riddler ist hinter Schloss und Riegel. Carmine Falcone, Obergangster der Stadt, wurde das Leben genommen. Das bürgerliche Volk atmet erleichtert auf, in der Unterwelt herrscht dagegen Grabesstimmung.

Ein Erzfeind der Fledermaus und Protegé des verstorbenen Mafia-Bosses sieht seine Chance gekommen. Oz Cobb, seiner buckeligen Statur, dem Watschelgang und der Liebe zu schwarz-weißen Smokings wegen „Pinguin“ genannt, will aus dem Schatten großer Gangster heraustreten. „The Penguin“, die erste Spin-Off-Serie zu „The Batman“, erzählt diese Transformation als fesselnde, wenn auch etwas holprige Crime-Saga. Ein Möchtegern-„Sopranos“ für eine neue Generation. Wie im großen Vorbild, es sollte auf der Hand liegen, pflastern Leichen den Weg.

Den verkannten Verbrecher mimt, wie schon im Kinofilm, ein schwer identifizierbarer Colin Farrell. Wie sollte man ihn auch erkennen, ist sein Antlitz von entstellender Maskerade umhüllt; eine fette Narbe über der Lippenpartie, das Haar zurückgegelt, um die Geheimratsecken zu kaschieren. Von dem „Pretty Boy“, den Hollywood in den 2000ern zum großen Action-Helden pushen wollte, keine Spur. In Charakterrollen fühlt sich der Ire, wie unlängst in „The Banshees of Inisherin“ bewiesen, ohnehin besser aufgehoben. Dass diese mitunter Mut zur Hässlichkeit verlangen, nimmt er gern in Kauf – und verschwindet auch hier mit beeindruckender Hingabe hinter der Figur.

Colin Farrell in „The Penguin“
Colin Farrell in „The Penguin“ © IMAGO

Farrell legt den Pinguin als komplexen Superschurken an, einen missgünstigen, jähzornigen Triebtäter, hinter dessen starrer Miene gelegentlich so etwas wie menschliche Wärme aufscheint. Aber je größer der Machthunger, umso schneller nimmt die Wandlung zum Monster ihren Lauf. Eine Tragödie, in der das Zusammenspiel aus Verrat, Intrige und Größenwahn Vergleiche zur Weltpolitik zulässt. In Momenten strahlt die Hauptfigur in seinem cartoonhaften Rumpelstilzchen-Gehüpfe etwas Trumpeskes aus, wohl nicht unbewusst. Sein dynamischer Gegenpol: Falcone-Nachkömmling Sofia nicht minder lebhaft, verkörpert durch Cristin Milioti („How I Met Your Mother“). Gelegentlich gerät die Erzählung ins Stocken, wenn man sich zu sehr am Mafia-Genre bedient. Aber: Der Pinguin ist am besten Weg, sich sein eigenes Vermächtnis aufzubauen. Batman braucht es dafür nicht unbedingt.

Bewertung: ●●●○○

„The Penguin“ ist auf Sky zu sehen.