Es ist eine der ersten Szenen und man ist gleich einmal ordentlich paff, wie die 77-jährige Diane von Fürstenberg wie ein Teenager ins Waschbecken klettert, die Beine anzieht und es sich dort gemütlich macht, um sich zu schminken. Die Erzählung vom bewegten Leben, die trifft auf die gebürtige Belgierin in allen Punkten zu – „eigentlich sollte ich über 300 Jahre alt sein“, lacht sie in einem der vielen Gespräche mit Filmemacherin Sharmeen Obaid-Chinoy. Die zweifache Oscarpreisträgerin verpackt das Lebenswerk der Designerin in eine eineinhalbstündige und kurzweilige Doku.
Natürlich kommt sie vor, die Ehe mit einem Prinzen und Salonlöwen, die Zeit im „Studio 54“, die überbordende Lebenswelt der 1970er-Jahre. Aber der Fokus bleibt auf eine Frau gerichtet, deren Mutter Auschwitz überlebt hat. Die mit diesem Hintergrund ihre Tochter zur maximalen Unabhängigkeit erzogen hat: „Angst ist keine Option“, war das Mantra ihrer Mutter. Wobei diese Lebensgeschichte keine rein individuelle Erfolgsgeschichte ist: Mit dem von ihr entworfenen Wickelkleid aus Jersey, dem sogenannten „Wrap Dress“, hat Fürstenberg, deren Initialen DVB längst zu ihrem Markenzeichen geworden sind, Modegeschichte geschrieben. Mehr noch, mit dem Kleid hat sie einen Gegenentwurf zum uniformierten Businesslook in der Arbeitswelt entwickelt. Während das Kleid längst als Klassiker in den Modemuseen hängt, hat eine neue Generation, darunter auch Prinzessin Kate, das „Wrap Dress“ wieder für sich entdeckt. „Ich lebte ein Männerleben in einem Frauenkörper“, stellt die 77-Jährige fest und auch das arbeitet Regisseurin Obaid-Chinoy heraus, die allseits präsente männliche Dominanz, nicht zuletzt im Modebusiness. Doch Fürstenberg hält dagegen, bis heute unterstützt sie als Mentorin Frauen weltweit. Sympathisch und inspirierend.
Bewertung: ●●●●○
„Diane Fürstenberg: Eine Frau ganz oben“ ist auf Disney+ zu sehen.