Immer schön auf Abstand halten und sich nur nicht zu nahe kommen! Das betrifft nicht nur das streng kontrollierte Liebeswerben in der viktorianisch opulenten Netflix-Serie „Bridgerton“, sondern auch die Konkurrenz am Streamingmarkt. Zumindest ein Punkt kann in diesem Fall kategorisch ausgeschlossen werden – Liebe wird es zwischen Netflix, Amazon Prime, Disney+ und Co. ziemlich sicher nie werden. Und das, obwohl sie alle das gleiche Interesse haben: Führender im Liebeswerben um neue Abonnentinnen und Abonnenten zu sein. Zuletzt hatte Netflix mit knapp 270 Millionen Abos die Nase vorn. Nach dem Pandemiehoch kam bekanntlich die Krise, ein Drehbuch- und ein Schauspielerstreik später haben die Streamer ihre Produktionsfüllhörner deutlich weniger üppig befüllt.
Nach wie vor ist bei allen Streamern die Suche nach dem „Next Big Thing“, also jener Produktion, die Neukunden bringt oder bereits bestehende Abonnenten vom Wechsel abhält, zentral. Bestseller am Büchermarkt sind seit jeher zumindest eine mögliche Option auf einen Erfolg auch im Streamingbereich. Eine neue Quelle an potenziellen Serienstoffen hat sich zuletzt mit der Videoplattform TikTok aufgetan: Unter #BookTok werden unter anderem Bücher besprochen, empfohlen und gepusht. Das erfreut seit einiger Zeit nicht nur die Buchhandlungen, die mittlerweile auch stationär #BookTok-Empfehlungen anbieten. Seit April 2023 veröffentlicht TikTok eine eigene Bestsellerliste.
Es ist vor allem eine Zielgruppe, die sich hier finden lässt – junge Frauen. „Young Adult“, also Bücher für junge Erwachsene, finden sich zuhauf auf dieser Liste, die man in immer weitere Genres unterteilen kann. Eines nennt sich „Enemies to Lovers“, Feinde, die zu Liebenden werden. Sowohl Netflix als auch Amazon Prime haben solche #BookTok-Stoffe zuletzt höchst erfolgreich in Serien gegossen: die Mystery-Romanze „Der Tränenmacher“ auf Netflix und die Privatschul-Klassenfeinde-Liebelei „Maxton Hall“ auf Amazon Prime. Das Grundgerüst lässt sich auf allen möglichen Settings, von Vampiren bis zu Drachenreitern und vom viktorianischen Setting bis hin zu Sci-Fi-Welten, ausdehnen.
Neu ist es nicht – vom Vorhof der Hölle ab ins Himmelbett, an dieser Gemengelage hat Amor seit jeher die größte Freude. Mit einem Unterschied, zumindest die Protagonistinnen sind im 21. Jahrhundert angekommen, die Settings deutlich diverser, aber die Ausformungen dann oft mehr Holzschnitt, denn feiner Kupferstich. „Maxton Hall“, in der die Streberin Ruby auf den reichen Schnösel James trifft, kletterte gleich in den ersten Tagen nach dem Erscheinen in 120 Ländern auf Platz 1 der Amazon Charts. Die zweite Staffel wurde soeben in Auftrag gegeben und Amor ist wohl selig.