Die Mitgift machts. Seit der Attraktivierung der Filmförderungen in Österreich im Vorjahr tummeln sich die Superstars im Land. Derzeit ist es Nicole Kidman, die mit Dreharbeiten zu ihrer Fortsetzung der Hulu-Serie „Nine Perfect Strangers“ in Wien, Salzburg oder im Salzkammergut für Aufregung sorgt, gleichzeitig steht Natalie Portman in der Bundeshauptstadt für Szenen des Abenteuerfilms „Fountain of Youth“ vor der Kamera.
Schon vor einem Jahr – kurz nach Einführung der neuen Fördermodalitäten – war es ein anderer Schauspielstar, der österreichisches Kolorit in die globale Fernsehwelt brachte: Kate Winslet („Mare of Easttown“) machte es sich als Kanzlerin in der Serie „The Regime“ in den Wiener Prunkbauten bequem.
Zwei Blicke braucht es, um das edle Schloss Schönbrunn zu erkennen, das hier von schneebedeckten Bergen umgeben ist. Nur einige Sekunden mehr sind nötig, um anhand der Filmmusik zu erahnen, dass in dieser Idylle mit einem Schalk zu rechnen ist: Die HBO-Serie „The Regime“ (abrufbar ab morgen auf Sky) ist royaler Prunk und Protz ohne Königin, dafür mit Kanzlerin. Diktatur statt Kitsch, 19. Jahrhundert mit Smartphones, Aberwitz und Machtkarikatur.
„Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Es geht um vieles, aber ich kann dir keine klare Antwort geben“, erzählt Matthias Schoenaerts über sein erstes Gespräch mit Regisseur Stephen Frears („Die Queen“), der von ihm wissen wollte, was er denn glaube, worum es in „The Regime“ gehe. Danach soll Frears geantwortet haben: „Da bin ich froh, ich weiß es nämlich auch nicht.“ Fünf Minuten habe dieses Zoom-Gespräch gedauert, am Ende hatte der Belgier die Rolle.
Groteske misst sich mit Realität
Im Mittelpunkt steht Winslet als Kanzlerin einer Nation im Zentrum Europas, mehr ist über das von ihr mit harter Hand und weichem Herz geführte Land nicht zu erfahren. Zu Beginn terrorisiert sie als extremistischer Hypochonder ihren Hofstaat, stattet dem offen aufgebahrten Leichnam ihres vor langer Zeit gestorbenen Vaters Besuche ab, macht einen Ex-Soldaten (Schoenaerts) zum obersten Luftfeuchtemesser und fängt mit ihm eine unklare Beziehung an. Das will alles aberwitzig sein, oft gelingt das auch auf positive Art und Weise und lässt sich bereitwillig als Antwort auf eine Realität lesen, die beispielhaft in der Unbeirrbarkeit eines Donald Trump jede Bodenhaftung zu verlieren droht.
Schoenaerts: „Abstoßend“ und „beeindruckend“
Gedreht wurde nicht nur in Schloss Schönbrunn, auch die Hofburg und das Palais Lichtenstein waren Schauplätze der sechs Episoden langen Groteske. „Normalsterblich wie du und ich, wir kriegen niemals Zugang zu diesen Palästen“, genoss es Schoenaerts an diesen besonderen Orten filmen zu dürfen. Zugleich beschreibt er im Interview mit der Kleine Zeitung ambivalente Gefühle: „Natürlich ist die Größe und alles sehr beeindruckend, aber gleichzeitig fand ich es ein wenig abstoßend: Ich habe ein Problem mit exzessiver Darstellung von Reichtum. Ich finde es dekadent.“ Aber das sei sein Blick, sagte der 46-Jährige fast schon entschuldigend. Als einmalig in Erinnerung blieben ihm nicht nur das Filmen: „Ich habe es sehr genossen, die wunderbare Stadt und ihre Museen zu besuchen.“
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