Es ist der größtmögliche Widerspruch und einer, der nicht erst erfunden werden muss: In den oberen Decks eines Kreuzfahrtschiffes feiern Passagiere ihren teuer bezahlten Luxus. Gleichzeitig sinkt unweit davon ein aus Libyen kommendes brennendes Schiffswrack, um das Migranten um ihr Lieben strampeln.
Die Sky-Miniserie „Unwanted“ (deutsch: Ungewollt) bringt die beiden Gruppen zusammen, indem Kapitän Arrigo (Marco Bocci) und seine Stellvertreterin Edith (Jessica Schwarz) die 28 Flüchtlinge an Bord holen, sie im untersten Deck unterbringen. Oben soll weitergefeiert werden. Sein und Schein sind in dieser Geschichte nur einige Stockwerke entfernt.
Der Titel führt in die Irre. „Ungewollt“ ist zunächst niemand, der Umgang ist beidseitig korrekt. Die Flüchtlinge, deren Geschichte in Rückblicken in aller Drastik erzählt wird, erhalten eine medizinische Versorgung und kommen in den Kojen unter. Ihr Ziel ist Italien, die italienische Küstenwache hat allerdings andere Pläne: Die Migranten sollen in Tunis das Schiff verlassen. Nicht nur diese Nachricht macht aus dem Stahlgefährt einen Hochdruckkessel.
Die zentrale Prämisse kann nicht mehr aufrechterhalten werden: „Die Gäste sind hier, um einen Traum zu leben. Die Realität soll zu Hause bleiben.“ Diese wie auch fast jede andere Hoffnung löst sich auf diesem Schicksalsdampfer rasch auf.
Hauptdarstellerin Schwarz („Buddenbrooks“) liegt viel an der Miniserie, die vier Wochen auf einem Kreuzfahrtschiff und ansonsten in Filmstudios in Rom gedreht wurde. „Sie zeigt eine Realität, die zu oft verdrängt wird. Wir hören in den Nachrichten von den zahlreichen Menschen, die fliehen und in Seenot sterben. Sie sind Zahlen.“ Die 46-Jährige hofft, dass es die auf dem Buch „Bilal“ des Investigativjournalisten Fabrizio Gatti basierende Serie schafft, „den ,Unsichtbaren‘ ein Gesicht zu geben“. Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff hat Schwarz übrigens noch nie gemacht: „Das ist nichts für mich.“
Im Kontrast von Vergewaltigungs- und Gewalterfahrungen wirken Kaviar und Tanzmusik freilich obszön. Die Konfrontation mit diesen Gegensätzen ist aber weniger platt, als es zu befürchten wäre. „Unwanted“ ist in erster Linie fordernd, mitunter überfordernd. Regisseur Oliver Hirschbiegel, der wie Schwarz aus Deutschland kommt, wo das „Traumschiff“ eine Art Fernsehkulturgut ist, versucht mit der achtteiligen Miniserie den Grenzgang. Ein leichter Gang ist er nicht.