Die Karriere von Brian Johnson, Frontman der zumindest kurzzeitig in Großbritannien populären Band Geordie, schien Anfang der 80er bereits zu Ende. Mit 31 stand er nur noch bei einer Coverband am Mikro, beruflich montierte er Vinyldächer auf Autos. Dann bekam er überraschend einen Job angeboten – bei AC/DC. "Sind die nicht gerade erst verstaatlicht worden?", fragte der Vater des Sängers, wie Johnson in seiner launigen Autobiografie "Die Leben des Brian" schreibt.

Eine Rockgruppe namens AC/DC kannte der Papa, der an eine Firma dachte, nicht. "Mein Dad war der Meinung, dass eine Band, von der er noch nie gehört hatte, keinerlei nennenswerte Erfolge gefeiert haben konnte." Der Vater irrte. AC/DC standen nach dem Tod ihres ersten Sängers Bon Scott am Abgrund, lieferten aber nach dem Einstieg von Brian Johnson mit "Back In Black" das zweiterfolgreichste Album (nach Michael Jacksons "Thriller") der Musikgeschichte ab. "Gib niemals auf", hatte Roger Daltrey (The Who) seinem Kollegen einst geraten.

Leichter gesagt, als getan. Der Weg zum Frontman einer der größten Rockacts aller Zeiten war kein leichter. Johnson schildert, wie er im grauen Newcastle aufwuchs. Seine Mutter, die der Vater im Krieg kennenlernte, stammte aus Italien und musste sich im tristen England, wo es Spam statt Salami gab, erst einmal abfinden. Man lebte in einem 17-köpfigen Haushalt, Ausländerhass war allgegenwärtig. "Sogar mein seliger Großvater bezeichnete seine eigenen Enkelkinder insgeheim als 'italienische Schweine'", heißt es in dem Buch.

"Die Leben des Brian" ist aber kein düsterer Bericht, obwohl schon der Prolog so anmutet. Johnson bringt darin Lesern seine Gefühle näher, als er 2015 das Gehör verlor, auf Tournee von AC/DC durch Axl Rose ersetzt wurde und Malcolm Young, stets Motor der Band, die Gruppe wegen fortschreitender Demenz verlassen musste. Das Buch konzentriert sich allerdings auf die Zeit bis zum Einstieg bei AC/DC, auch wenn Johnson am Ende der Biografie mit seinem Comeback bei den australischen Rocktitanen die im Prolog geschilderten Ereignissen fertig erzählt.

Johnson schreibt stets mit einem Lächeln zwischen den Zeilen. Er lässt seine Begeisterung für Musik spüren. Über Bob Dylan etwa: "Jeder einzelne Akkord, jedes Wort, jeder Atemzug fühlte sich unglaublich aufregend und gefährlich an – als ob ein Mann und seine Gitarre tatsächlich die Welt verändern könnten." Anekdotenreich zeichnet Johnson seine mühsamen Schritte in Richtung Ruhm nach, als er mit seiner Band Geordie erste Erfolge feierte. Voller Stolz habe er seinen Eltern berichtet, im Fernsehen aufzutreten. "Ich habe noch nie in meinem Leben Top of the Pops geguckt", schnaubte der Vater. "Und ich werde nicht jetzt damit anfangen, nur weil du dabei bist."

Geordie schafften einen Hit und ein recht erfolgreiches Album, fanden jedoch nie Anschluss daran. Johnson hatte bis zur Auflösung der Formation einen schweren Autounfall überlebt, war geschiedener Vater, saß auf einem Schuldenberg und leitete eine Werkstatt. Als in den ersten Wochen des Jahres 1980 das Telefon läutete und eine Frau mit deutschem Akzent Brian Johnson zu einer Audition einlud, wollte dieser zunächst ablehnen. Doch die Dame gab nicht auf, die Band, für die sie arbeitete, hieß AC/DC – bald darauf befand sich Brian Johnson auf den Bahamas und sang "Hells Bells" im Studio ein. Wie es nach dem Erfolg mit "Back In Black" weiterging, hebt er sich für ein anderes Buch auf, verspricht Johnson. Man darf sich darauf freuen.

Brian Johnson: "Die Leben des Brian", aus dem Englischen von Daniel Müller und Sveen Scheer, Heyne Verlag, 432 Seiten, 26,50 Euro