Man schrieb den 11. September 2021. Ein junger Herr namens Damiano David setzte verschwitzt und im Netzleiberl zum Stage Diving an.
Die junge Besucherschar im Stadion Wiener Neustadt wusste noch wie es geht und reckte die Hände in die Höhe: Ein echter Rockstar zum Angreifen – und das inmitten einer weltweiten Pandemie. Damiano bekreuzigte sich nach seinem Höllenritt und rockte weiter.
Die Welt außerhalb Italiens kennt die italienischen Musiker von Måneskin seit ihrem Sieg beim 65. Song Contest: Mit „Zitti e Buoni“ konnten sie im Mai den „Grand Prix de la Chanson“ gewinnen. Mit demselben Lied entschied die aus Rom kommende Band schon im März zuvor das Sanremo-Festival für sich. Damiano David (Gesang), Victoria De Angelis (Bass), Ethan Torchio (Schlagzeug) und Thomas Raggi (Gitarre) haben keine Berührungsängste: Die jungen Römer entstammen einer Generation, die mit Castingshows aufgewachsen ist. Genau eine solche, nämlich X-Factor, machte sie in Italien 2017 bekannt. Aber das greift viel zu kurz, denn Måneskin sind eine Band, die schon mit ihrem ersten Studioalbum „Il Ballo della Vita“ zeigten, dass sie große Songs schreiben können: Die Ballade „Torna A Casa“ erklomm 2018 in Italien den ersten Platz der Charts.

Der Umstand, authentische Songs zu schreiben, gepaart mit einem Schuss Anstößigkeit und ihrer irgendwie geschlechtslosen und aufregenden Sexualität führen zu einem hohen Erregungspotenzial: „Zitti e Buoni“ beschwor das Anderssein, das Verrücktsein auf der großen Bühne des Song Contest als ein Fest für mehr Toleranz. Ihr Auftreten auf der Bühne als hoch sexualisierte androgyne Wesen ist auch ein Rückgriff auf die David-Bowie- und Glamrock-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die Zunge streckten auch schon Mick Jagger, Ozzy Osbourne oder die Schminke-Rocker von KISS der Welt entgegen – doch Damiano David kann das auch sehr gut.