Man muss schon genau hinhören, um den Unterschied zu erlauschen. Die Produktion ist eine Spur kantiger und die Stimme natürlich gereift, aber ansonsten besteht wenig Unterschied zwischen diesen Alben, die es nun in zwei Versionen gibt. Taylor Swifts „Fearless“, jetzt als „International Version“ bezeichnet, war das zweite Album der Künstlerin aus dem Jahr 2008, für das sie auch ihren ersten Grammy erhielt. Aufgenommen hat sie ihre ersten sechs Alben bei dem Label Big Machine Records.
Inzwischen ist Swift, die sich künstlerisch vom Country über den Hochglanz-Pop hin zum reduzierten Indie-Folk entwickelt hat, zum Major Universal gewechselt. Was folgte, war eine Schlammschlacht um die Rechte an ihren alten Songs.
Um diese wiederzuerlangen, hat Swift das Album „Fearless“ kurzerhand neu aufgenommen und dieser Tage unter dem bezeichnenden Titel „Taylor's Version“ mit üppigem Bonusmaterial veröffentlicht. Der musikalische Unterschied zum Original ist marginal, aber der Zweck erfüllt. Swift hat wieder die Hoheit über ihre Songs und darf darauf hoffen, dass ihre Fans die „neue Version“ kaufen bzw. streamen. Swift kündigte bereits an, weitere alte Alben neu aufnehmen zu wollen.
Hintergrund für die häufigen und heftigen Rechtsstreitigkeiten zwischen US-Künstlern und Plattenfirmen ist das amerikanische Urheberrechtsgesetz, dem Mitte der 70er-Jahre noch das sogenannte „termination right“ zugefügt wurde. Es sieht vor, dass die Rechte für Alben und Songs 35 Jahre lang beim Plattenlabel bleiben und erst dann an die Künstler zurückgehen. Das ist auch der Grund dafür, warum legendäre Größen wie Bob Dylan, Neil Young oder Paul Simon jetzt, da sie es rechtlich dürfen, ihren umfassenden Songkatalog in Gold verwandeln.
Diese Gesetzeslage und Zusatzverträge führen im Übrigen auch dazu, dass – wie im Fall Swift bei den American Music Awards Ende 2020 – Künstler nur mit Einwilligung der Plattenfirmen ihre eigenen Songs live aufführen dürfen. Die Kehrseite der Medaille: Plattenfirmen investieren oft hohe Summen in die Karrieren ihrer Künstler, die dann – einmal erfolgreich – das Label wechseln. Außerdem sind die goldenen Zeiten in der Musikbranche längst vorbei und die Big Player sind nicht mehr die Major-Labels, sondern die diversen Streamingdienste, allen voran Spotify.
Dass Künstler und Plattenfirma einander in den Haaren liegen, hat eine lange Tradition. Das 2015 verstorbene Pop-Genie Prince hat sich in den 1990er-Jahren spektakulär mit seinem Label Warner angelegt und schreckte sogar nicht davor zurück, sich das Wort „Slave“, Sklave, ins Gesicht zu schreiben, um damit zu symbolisieren, wie sehr er sich von dieser Firma unterdrückt fühlte. Prince gründete später zwar ein eigenes Label (Paisley Park Records), doch Warner durfte weiter seinen Namen verwenden und seine Musik vermarkten. Dann wurde es unübersichtlich, denn fortan wechselte Prince seine Künstlernamen häufiger als seine Satinanzüge und trat abwechselnd als „Symbol“, „Love Symbol“ oder „TAFKAP“ (The Artist Formerly Known As Prince) auf.
Das Wort „Slave“ – allerdings nur verbal und nicht als Gesichtsaufschrift – verwendete auch Popstar George Michael, verstorben 2016, in Zusammenhang mit seiner Plattenfirma Sony Music, mit der er zu Weltruhm aufgestiegen war, die er aber Mitte der 1990er-Jahre verlassen hatte, um zum damaligen Rivalen Virgin Records zu wechseln. Dort nahm er zwar künstlerisch hervorragende Alben auf, der kommerzielle Erfolg blieb allerdings weitgehend aus. 2003 kehrte der verlorene Sohn wieder zu Sony zurück. Das Album „Patience“, 2004, sollte das letzte vor Krankheit, Zusammenbruch und Tod sein.
Albumtipp. Taylor Swift. „Fearless“. Taylor's Version. Universal.