Sie sind als Rapper bekannt. Hat es einen Auslöser für die Entscheidung gegeben, jetzt eine Rock-EP zu machen?
DAME: Der Wunsch, eine derartige EP zu machen, war schon länger da und hat sich immer mehr in mir aufgestaut. Durch den täglichen Trott habe ich dieses Vorhaben immer wieder verschoben. Der Corona-Lockdown war dann ausschlaggebend, dass ich mich endlich hingesetzt habe.
Fühlen Sich die harten Gitarrenwände befreiend an? Ist Ihnen Rap zu eng geworden?
DAME: Nein, so würde ich das nicht sagen. Meine Karriere hat ja eigentlich sogar ohne Rap begonnen. Zunächst mit dem Schreiben von Texten, Gedichten und Gedanken, dann mit klassischem Songwriting. Aber Hip-Hop war das Genre, das mir den meisten Raum für meine Texte gab. Deshalb habe ich irgendwann diesen Weg für mich gewählt und eingeschlagen. Privat höre ich aber eigentlich ganz andere Musik.
Wie gehen Sie an Ihre Songs heran, wie entstehen sie?
DAME: Ich bin kein Mensch, der sich hinsetzt und einfach schreibt. Ich warte, bis ich einen Impuls spüre. Manchmal kommen Textzeilen, manchmal Melodien am Klavier. Oft sind es auch Scherben die herumliegen und irgendwann zusammengeklebt werden. Für die Rock-EP habe ich mich gemeinsam mit meinem Produzenten Johannes Herbst im Studio eingesperrt. Durch Corona haben wir so gut wie keine Gastmusiker mit an Bord geholt und alles zu zweit eingespielt.
Gibt es eine Verbindung zwischen Rap und Rock?
DAME: Diese beiden Genres haben seit jeher gut zusammengepasst, viele Rap- und Rock-Künstler haben das jeweils andere Genre aufgegriffen und sich darin versucht. In meinem Fall habe ich das Gefühl, dass meine kratzige Stimme sogar besser zu Rock-Wänden als zu Rap-Beats passt.
Lässt das Rap-Genre eigentlich mehr Toleranz für neue Experimente walten?
DAME: Das ist schwer zu sagen. Diese Musiksparte hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Als ich mit dem Rappen anfing, war es eigentlich verpönt, dass ein Rapper singt oder genreübergreifend arbeitet. Das Genre hat sich nach und nach geöffnet. Bushido hat sich einen Karel Gott an Bord geholt, Künstler wie Alligatoah haben sich etabliert. Wenn man heute in die Charts schaut, findet man fast überall Hip Hop. Ein Mark Forster holt sich einen Sido als Feature-Gast und so weiter. Unser Ruf ist besser geworden.
Ihre bisherigen Alben und auch die gerade erschienene Rock-EP sind geradezu selbstverständlich Experimente. Sie lassen sich schwer und ungern auf einen Stil, ein Thema festlegen. Birgt das Risiken?
DAME: Mir geht es nicht darum, Rapper-Klischees zu erfüllen. Es ist egal, ob da eine Gitarre, ein Klavier oder ein Instrumental das Lied lenkt. Ich versuche stets „songbasiert“ zu arbeiten. Ein Album braucht in meinen Augen keinen roten Faden zu haben. Ein Song dagegen schon.
Eine Textzeile in Ihrem Song „Einsamer Wolf“ lautet: Ich hab' weder Träume, noch Ziele. Doch tausend Gründe, um zu gehen“. Können Sie mir einen Grund nennen umzudrehen?
DAME: Eigentlich gibt es da nur eine Antwort: Liebe. In welcher Form auch immer.
Ihre Musik gibt hingegen unterschiedliche Antworten...
DAME: Ich finde es wichtig, dass ich Denkanstöße gebe, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Nur weil ich Vegetarier bin, möchte ich Fleischessern keine Vorwürfe machen. Der Song „Deine Hände“, in dem ich über das Thema spreche, ging mir nicht leicht von der Feder.
Mit „Panik“ habe ich nun auch meine Panikattacken in einem Lied verarbeitet. Darüber zu sprechen, hat mir geholfen. Zusätzlich schreibe ich diese persönlichen Texte auch deshalb, um anderen Menschen mit ähnlichen Problemen Boden zu schaffen.
Ist das Scheitern in der Kunst leichter?
DAME: Musik ist ein gutes therapeutisches Mittel. Deshalb finde ich es auch schade, wenn andere Rapper es meiden, sich zu öffnen. Bei mir ist das wie Tagebuch-Schreiben. Deshalb wird meine Musik auch immer bunt durchgewürfelt sein.
Sie treten in Ihren Texten auch als genauer Beobachter auf. Was beobachten Sie in unserer Gesellschaft zur Zeit?
DAME: Stimmt, ich beobachte gerne. Die kleinen Dinge und Details machen einen guten Song aus. Ich beobachte derzeit alles Mögliche. Es war nicht schön anzusehen, wie Ton- und Lichttechniker der Kulturbranche durch Corona quasi arbeitslos geworden sind. Gleichzeitig gab es auch viel Positives. Menschen konzentrieren sich wieder mehr auf das Wesentliche, haben sich Ihren Belastungen gestellt. Und das, obwohl wir durch Instagram und CO. in einer Gesellschaft leben, in der eigentlich keiner die Baustelle hinter dem schönen Badestrand zeigt.
In Ihrem neuen Song „Am Limit“ porträtieren Sie eine Welt, in der der Druck des Individuums steigt. Leben wir in einer Selbstoptimierungsgesellschaft?
DAME: Es dreht sich im Grunde alles um die Definition des eigenen Luxus. Einerseits gibt es Menschen, die sich selbstoptimieren, obwohl sie bereits alles haben und das nicht müssen. Manche Menschen brauchen viel Luxus und vergessen dabei den Rest. Andererseits kann Optimieren auch etwas Positives bedeuten. Im Sinne einer Inventur der Bedürfnisse. Da hat uns auch die Corona-Krise geholfen.