Der ewige Sonnyboy Pharrell Williams zeigt sich auf "Entrepreneur" auf gewohnte smoothe Weise, aber deutlich politischer als sonst. Das Stück ist eine Feier des afroamerikanischen Unternehmergeistes, der sich gegen allen Widerstand durchsetzt, in einem "System, in dem Schwarze eingesperrt werden", wie Williams an einer Stelle ins Mikrophon flüstert. Dem Magazin "Vibe" erzählte der Künstler etwas über die Gründe, den Song zu produzieren: "Farbige Menschen werden systematisch benachteiligt und behindert", was sich etwa im Gesundheitssystem und Ausbildung zeige. Rap-Superstar Jay-Z ist als Gast auf dem Track dabei und bringt es auf den Punkt: "Sitz nicht herum und warte, bis dir jemand einen Knochen zuwirft." Motivationshilfe von einem Unternehmer und Künstler, der bei einer alleinerziehenden Mutter im New Yorker Ghetto aufwuchs, und heute knapp eine Milliarde Dollar schwer ist.
Das dazugehörige Video präsentiert eine Reihe von echten afroamerikanischen Unternehmern, vom Co-Rapstar Tyler, the Creator bis Software-Entwicklern, einer Regisseurin, einem Designer bis zu Laden- und Restaurantbesitzern: Lauter Erfolgsgeschichten, die zur Nachahmung inspirieren sollen.
Die britische Popmusikerin Jorja Smith verarbeitet in "By Any Means" ("Mit allen Mitteln") ihre Rolle während der "Black Lives Matters"-Proteste. Für die Künstlerin ist es laut Eigenauskunft ganz wesentlich, dass die Diskussionen über die Diskriminierung von Schwarzen oder anderen Minderhieten nicht wieder einschlafen.
Vor allem Künstlerinnen sind es, die derzeit mit politischen Statements aufhorchen lassen, auch wenn diese auf den ersten Blick gar nicht so aussehen. Cardi B und Megan Thee Stallion haben vor etwa zwei Wochen ihren Song "WAP" veröffentlicht und sorgen damit in den USA für anhaltende Diskussionen. Der pornografische Inhalt des Songs, der in erster Linie das weibliche Geschlechtsteil besingt, steht seiner feministischen Botschaft dabei keineswegs in der Quere. Im Gegenteil: Cardi B verleiht ihren aufgesexten Tracks schon lange feministisches Gewicht. Die Darstellung der sexuell selbstbestimmten, selbstbewussten Frau, die die Dinge selbst in die Hand nimmt, stößt in den (immer noch) prüden USA auf erheblichen Widerstand. Sittenlosigkeit und Obszönität wurden Cardi B und Megan Thee Stallion wegen "WAP" von konservativer Seite vorgeworfen: Man fühlt sich in die 1950-er zurückversetzt, als Elvis' Hüftkreisen eine spießbürgerliche Gesellschaft in Aufruhr versetzte.
"WAP" ist ein neuartiges feministisches Manifest, das von fast allen einschlägigen Medien und Kritikern gefeiert wird. Die Aufregung tut der Aufmerksamkeit recht gut: Aktuell liegt man bei 135 Millionen Visits. Dass Superstars wie Kyle Jenner und Rosalia im Video auftreten, wird auch kein Fehler gewesen sein. Das Video ist selbst in der entschärften Youtube-Fassung noch recht explizit:
Völlig enthoben zeigt sich langsam die R'n'B-Titanin Beyoncé. Die Ehefrau von Jay-Z inszeniert sich in ihren neuen Videos immer mehr als Mischung aus afrikanischer Übermutter, Sexsymbol, guter Geist und schwarzer Göttin. Anschaulich wird das in ihrem Video zu "Already", das Ende Juli über die Streamingplattform Disney+ erschienen ist. Es handelt sich dabei um einen Teil eines "visuellen Albums" namens "Black is King", das Musik aus dem vorjährigen "König der Löwen"-Film beinhaltet. Die Distribution des 85-minütigen, von Beyoncé inszenierten Films über Disney ist auch ein Beleg dafür, auf welch neuen Wegen Musik und Bilder heutzutage an die Konsumenten gebracht werden.
Ein zweiter Auszug aus "Black is King" sorgt aktuell für Aufsehen: Gemeinsam mit Topmodel Naomi Campbell, Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong'o und ihrer ehemaligen Destiny's Child-Kollegin Kelly Rowland feiert Beyoncé die Schönheit schwarzer Frauen. Das Video zu "Brown Skin Girl" zeigt auch die achtjährige Tochter von Beyoncé und Jay-Z: Blue Ivy Carter ist dabei sogar zu hören.
Wenige Stunden nach der Veröffentlichung am 24. August hatte der Clip schon drei Millionen Aufrufe erzielt. In dem Video heißt es: "Baby, kenn deinen Wert, ich liebe alles an dir, von deinen krausen Locken bis zu jeder einzelnen Kurve" und: "Deine Haut ist nicht nur dunkel - sie strahlt und erzählt deine Geschichte".Wie sehr die Black Consciousness- und Emanzipations-Songs in diesem Sommer thematisch dominieren, zeigt auch die Hip Hop-Veteranin Ciara aus Texas. Die hochschwangere Künstlerin hat gerade "Rooted" herausgebracht, einem Song über die schwarze Kultur, durch die die guten Geister von Harriet Tubman, Rosa Parks und Martin Luther King marschieren.