Junge Leute: alles bloß desinteressierte und internetsüchtige Rebellen, die sinnfrei auf technische Geräte starren. So lautet ein gängiges Urteil über Teenager und junge Erwachsene. Das seien "tonnenweise Vorurteile" findet Popstar Billie Eilish (18) - und bricht nun eine Lanze für ihre Altersgenossen. Der Anlass: eine aktuelle Kampagne der deutschen Telekom, in der für "digitalen Optimismus" geworben wird.
Aus der Heimquarantäne in Los Angeles hat Eilish in einem Video-Interview mit der Deutschen Presseagentur nun festgestellt: "Wir jungen Menschen sind ziemlich schlau!" Sie selbst habe durch ihre eigene Art, das Internet und damit auch die Lernprozesse anderer Leute zu sehen, "schon sehr viel Hoffnung verspürt."
Man könne "mithilfe digitaler Technologien einfach so viel lernen", glaubt Eilish: "Es gibt so viele Themen, wie soziale Ungerechtigkeit oder das Klima, von denen ich vor der Zeit des Internets einfach keine Ahnung hatte – und hätte ich diese Möglichkeit des schnellen Lernens nicht gehabt, wüsste ich nicht so viel über diese Dinge."
Auch trotz des oft rüden Umgangstons auf Social Media, die mitunter zu echten Hasskampagnen ausarten, will Eilish die sozialen Medien "nicht einfach wegstoßen, weil sie wirklich nützlich sein können. Solange man Informationen auf ihre Richtigkeit überprüfen kann und weiß, dass die Quellen glaubwürdig sind, können sie so mächtig sein", findet die Sängerin, die unlängst den Song "My Future" veröffentlicht hat.
Dass in den vergangenen Monaten vorwiegend junge Menschen im Internet mit Protestaktionen wie "Black Lives Matter" oder "Fridays for Future" die Aufmerksamkeit auf gesellschaftliche Missstände und Veränderungsbedarf gelenkt haben, hält Billie Eilish für eine der Stärken von sozialen Medien: "Ein einziger Klick ermöglicht es dir, etwas über die Welt zu lernen und vielleicht das Gefühl zu bekommen, etwas bewegen zu können, und Menschen, die man liebt, zu unterstützen, und für andere Menschen und für sich selbst zu kämpfen. Es war großartig, wie diese Möglichkeiten zuletzt Realität geworden sind, und ich fand toll zu sehen, wie Menschen einfach ihre Unterstützung zeigen, selbst wenn es nicht um sie selbst geht."
Das Internet mache es "schneller und einfacher, sich über Dinge zu erkundigen, Petitionen zu unterzeichnen oder über Kundgebungen informiert zu werden." Als eines der digitalen Projekte, die sie selbst beeindruckt haben, nennt Eilish die Hilfsaktion "Support and Feed" ihrer Mutter: "Dabei geht es darum, Menschen in Not mit einer vegetarischen Mahlzeit zu versorgen. Das ist gut für die Umwelt, hilft Bedürftigen und unterstützt Restaurants und Lokale, die zurzeit wegen Covid-19 eine harte Zeit durchmachen. Es war wirklich schön zu sehen, dass meine Mutter sich so viel Mühe gegeben und selbst auch Lieferungen gemacht hat."
und ihr eigenes Leben? Das wäre ohne Internet vermutlich ärmer, "so sehr ich mir auch wünschte, es gäbe keine Videos von mir aus der Zeit, als ich nervig und zwölf Jahre alt war", scherzt Eilish. Aber das sei eben ein Teil des Lebens: "Das Internet ist zudem die einzige Möglichkeit, mit meinen Fans zu interagieren, wenn ich nicht auf Tournee bin. So kann ich mit ihnen kommunizieren, mit ihnen zusammen sein und das Gefühl haben, dass wir eins sind."
Als Weltstar ist Billie Eilish aber auch mit den Schattenseiten sozialer Medien vertraut. In einem Interview verriet sie unlängst, Twitter habe sie fast an den Rand der Verzweiflung getrieben. Angesichts von Cyberbullying, Bodyshaming etc. spricht aus ihrer Sicht also auch einiges für einen vorsichtigeren Umgang mit der Technologie. "Ich kann Mobbing nicht ausstehen", macht Eilish klar. Letztlich gehe es darum "herauszufinden, was gut für einen ist. Das Internet ist heute einfach ein Teil von allem – da muss man einfach wissen, wie man damit umzugehen hat. Man sollte niemals zulassen, dass furchtbare Menschen einem das Gefühl geben, dass man keine Bedeutung hat. Das Internet sollte einen nie dazu bringen, sich so zu fühlen.".
Ihre Lösung: "Ich denke daher wirklich, dass es so etwas wie Internet-Unterricht geben sollte, damit man lernt, wie man mit dem Internet und Mobbing zurechtkommt, und sich nicht davon besessen fühlt oder sich sein Leben ruinieren lässt."