Viele Geschichten auf Ihrem neuen Album „Tandem“ behandeln die Gegenwart. Davor ging es bei Ihnen eher um Zukunft und Vergangenheit. Haben Sie das „Jetzt“ schätzen gelernt?
Julian Le Play: Gute Frage. Ich denke, ja. Das hat aber auch sicher viel mit meiner Schaffenskrise zu tun, die es im Vorfeld zu diesem Album gegeben hat.
Diese Sinnsuche hört man auch den Songs an. „Stein im Wasser“ ist beinahe zu Tode betrübt, „Das sind die Nächte“ himmelhochjauchzend.
Das Album ist über zwei Jahre hinweg entstanden. Man hört, dass ich in verschiedenen Lebensphasen war. Ich habe mit 19 Jahren mein erstes Album in den Händen gehalten, drei Tonträger innerhalb von sechs Jahren gemacht. Ich habe alles der Musik untergeordnet. Auch Privates. Nach dem dritten Album war ich leer. Ich wusste nicht weiter. Meine Gitarre hat mich nicht mehr genügend inspiriert, ich bin mir selbst zu langweilig geworden.
Und dennoch sitzen wir jetzt hier und sprechen über Ihr viertes Album. Was ist passiert?
Meine Schwester hat mich nach Sri Lanka geholt. Ich habe zum ersten Mal keine Instrumente mit auf die Reise genommen. Das war davor undenkbar. Nach einiger Zeit vor Ort habe ich realisiert: Ich kann auch anders glücklich werden. Wenn ich ab morgen hier in dieser Bar am anderen Ende der Welt kellnern könnte, würde mich das ebenso erfüllen.
Diese Haltung hört man dem Album an. „Tandem“ wirkt trotz großer Soundgeste und Gastmusikern sehr impulsiv und pur.
Ich habe mich mit Freunden in einer Hütte in Tirol eingesperrt, um Songs zu schreiben. Eigentlich wollten wir nur Ideen sammeln. Im Endeffekt wurde ein Großteil des Albums dort aufgenommen und nicht mehr verändert. Das war auch für mich ungewohnt. Ich habe eingesungen, während neben mir Kaspressknödel köchelten und die Vögel am Fensterbrett zwitscherten. Zunächst dachte ich: Das geht nicht, die Geräusche hört man ja auf der Aufnahme. Jetzt sag ich: Ja, und? Wie cool.
Sie schreiben mit vielen Naturmetaphern über die großen Themen des Menschen. Ist das kitschig?
Natürlich gibt es das Risiko, schlageresque zu klingen. Es kommt immer auf das Zusammenspiel von Text und Musik an. Ich mag Simplizität. Sie darf aber nur auf einer Ebene stattfinden. Entweder in der Melodie oder in der Art, Dinge zu sagen. „Hellwach“ ist zum Beispiel so simpel wie eine SMS getextet. Die Musik ist dafür umso verspielter.
Sie haben selbst von einem Comeback gesprochen. Ärgert Sie es, wenn Spotify-CEO Daniel Ek meint, man könne als Künstler nicht alle drei bis vier Jahre einmal Musik aufnehmen und denken, dass das ausreicht?
Teils, teils. Gerade so jemand muss aufpassen, was er von sich gibt. Spotify ist weit davon entfernt, ein Modell zu sein, wovon Künstler profitieren. Andererseits muss ich ihm Recht geben. Wir hören heute anders Musik. Von den 15 Songs auf meinem Album habe ich bereits sieben vorab veröffentlicht. Dafür eine Plattform zu haben, ist cool.