Wo erreichen wir Sie denn gerade? Wie erleben Sie die Coronakrise?
KANDACE SPRINGS: Ich bin daheim, in Nashville, hänge herum und beschäftige mich mit meinen Projekten. Schon rund 20 Konzerte wurden abgesagt.
Nashville ist ja vor Kurzem auch noch von einem Tornado verwüstet worden, der zahlreiche Tote forderte. Wie ist die Stimmung?
KANDACE SPRINGS: Ja, es ist ziemlich seltsam hier, ich fuhr bald danach durch die Stadt. Da sah ich Häuser, die komplett verschwunden sind. Die Stadt war völlig leer, keiner ist draußen, außer ein paar Polizeifahrzeugen, nichts ging mehr weiter. Ich denke aber, Musik hält diese Erde zusammen. Musik kann Menschen berühren, egal, was gerade passiert. Sie ist eine Möglichkeit, sich zu entlüften.
Nashville ist ja berühmt für Country-Musik. Das hatte aber offenbar keinen Einfluss auf Sie.
KANDACE SPRINGS: Nein, das hat mich nicht geprägt. Ich bin mit Soul- und Jazzmusik aufgewachsen. Mein Vater Scat Springs war auch ein Sänger, der hier seine Karriere begann, er spielte Soul, Funk und Gospel und hat mich mit acht Jahren zum Klavier gedrängt. Nachdem ich dann Norah Jones’ erste Platte „Come away with Me“ gehört hatte, wollte ich Sängerin am Klavier werden, die für ihren jazzigen Hintergrund bekannt ist.
Es fällt auf, dass Sie sich nicht nur am Klavier begleiten, sondern auch immer wieder ein Fender Rhodes einsetzt.
KANDACE SPRINGS: Ich möchte nicht nur Jazz- und Soulmusik in ihrem klassischen Feeling am Leben erhalten, sondern auch das Fender Rhodes pflegen. Das ist wie ein Vintage-Klavier, wie ein Wurlitzer, das alle Größen von Ray Charles bis Stevie Wonder spielten. Daher spiele ich live und im Studio auch immer ein Rhodes oder einen Wurli.
Ihre neue CD „The Women Who Raised Me“ ist deutlich jazziger als ihre beiden Vorgänger. Roberta Flack scheint dabei so etwas wie ein gemeinsamer Nenner zu sein.
KANDACE SPRINGS: Ja, das ist wie eine Reise durch mein Leben. Beginnend mit Nina Simone, die ich mit acht, neun Jahren hörte. Durch sie kam mein Interesse an Ella Fitzgerald, deren Songs ich dann nachts in Klubs und Lounges gesungen habe. Ab 15 habe ich dann hier in Nashville gesungen und Unterricht gehabt. Dann kam ich zu Norah Jones und Roberta Flack, die mich wohl am meisten beeinflusste.
Auch Prince spielte dabei eine besondere Rolle.
KANDACE SPRINGS: Ja, ich schickte ihm Stücke und spielte auch für ihn. Als er mich Straight-ahead-Jazz spielen hörte, sagte er: „Du könntest die Roberta Flack deiner Generation sein.“ Prince hatte auch ein benutzerdefiniertes Rhodes, das er einmal zu einer meiner Shows nach Nashville geschickt hatte. Ich habe alle seine Klaviere gespielt.
Mittlerweile feiert Sie Blue Note Records als „the new soul star in the sky”, wo Sie aber doch eine Jazzsängerin mit klassischem Feeling sein wollen.
KANDACE SPRINGS: Ich bin eher eine Hybrid-Sängerin, die alles vermischt. Jazz ist aber sicher meine Grundlage, ich wuchs damit auf und begann in Jazzklubs. Aber zu dieser Zeit kamen auch viele andere Einflüsse auf mich zu von Marvin Gaye bis zur Kirchenmusik. Ich mache heute keine Unterschiede, das geschieht sehr organisch.
Ihr Motto als Musikerin?
KANDACE SPRINGS: Sei dir selbst treu. Sei du selbst, denn alle anderen sind vergeben!
Otmar Klammer