Auf dem neuen Albumcover winkt ihr lässig Richtung Fotografen. Wie am „Help“-Cover der Beatles. Musikalisch erinnert mich eure neue Scheibe aber eher an Sgt. Pepper.
MARCO WANDA: Zu den Beatles kehre ich immer wieder zurück. Ich fühle mich dieser Art Musik zu machen irgendwie sehr verwandt. Wie viel Literarisches und Lebensphilosophisches, aber auch wie viel Nonsense sich in den Texten findet, das versteh ich sehr gut. Und, dass die Akkordstrukturen und das Arrangement sich so nach der Stimme richten – da biegt und bricht sich alles und unterwirft sich der Gesangslinie. Damit kann ich als Musiker viel anfangen.
MANUEL POPPE: Wenn wir Beatleshasser in der Band hätten, würde das wohl nicht funktionieren.
Wanda: Ich finde aber, man kann diesen Einfluss schon aus früheren Arbeiten lesen.

Aber diesmal klingt das wie ein Outing. Lieder wie „Swing Shit Slideshow“ geizen nicht mit dem angesprochenen Nonsense. „Vielleicht“, „Alma“ oder „Gerda Rogers“ schreien förmlich: „Yeah, Yeah, Yeah!“.
POPPE: „Vielleicht“ hat unser Keyboarder geschrieben.
WANDA: Und „Alma“ unser Bassist, der Reinhold Weber. Das war sehr aufregend, dass die zwei plötzlich, nach einer längeren Phase der Versenkung, mit eigenen Liedern daherkamen. Bis dahin habe ich alles selbst geschrieben.



Kommen wir noch einmal kurz zum Cover zurück. Ihr seid noch immer in denselben Gewässern. Aber ihr habt einen anderen musikalischen Fahrtwind. Klingt ihr, für euch selbst, auf „Ciao“ anders als auf dem Vorgänger?
WANDA: In den Dienst der Innovation hat sich die Arbeit diesmal nicht zwingend gestellt. Das Album ist in neun Tagen in einem Haus an der tschechischen Grenze entstanden. Dieses Gemeinsame war schon einer der Schlüssel, warum das Album so klingt, wie es klingt. Dieses Zusammenleben, das wir jahrelang auf Tour hatten, das hat das erste Mal auch im Rahmen eines Albumprozesses stattgefunden. Während wir etwas eingespielt haben, hat im Hintergrund jemand Zwiebeln geschält. Da entspannt man sich irgendwie anders. Und stößt automatisch auf andere Lösungen.
POPPE: Dass man eben auch nicht nach Hause geht am Ende des Aufnahmetages, sondern zusammensitzt, Fußball schaut, Scheiße redet. Wo man im Baumhaus quasi ein Album zusammenkleistert.

Das neue Wanda-Album "Ciao" erscheint am 6. September
Das neue Wanda-Album "Ciao" erscheint am 6. September © Universul Music


Das erinnert an die „magische“ Zeit der Beatles.
WANDA: Dabei haben wir wenig getrunken. Egal wie psychedelisch und „verdrogt“ die Platte klingt, wir haben so wenig Drogen genommen wie noch nie zuvor in dieser Lebensphase. Es war eine relativ nüchterne Zeit. Vor jedem Fenster Wald zu haben, war grandios. Das war ein tolles Gefühl. Diesmal an einem Ort an einem Stück zu arbeiten, hat alles verändert.

Habt ihr zum ersten Mal bei null starten müssen?
WANDA: Irgendwie fangt man immer bei null an. „Niente“ kam allein auf 100 Songs, die verworfen wurden. Ich habe mein Material auf Dutzenden Diktiergeräten aufgezeichnet. Überall reingehört. Dann hab ich mir gedacht: Das ist gute Musik. Aber es ist nicht das, wohin es jetzt gehen muss. Insofern glaub ich schon, dass ich bei null begonnen habe. Aber es kamen mich so viele Geister besuchen in dieser Zeit. Es kamen zwölf Geister innerhalb weniger Wochen. Die sind Schlange gestanden. Vor dem Tor meiner Seele.

Wie hältst du die Geister fest?
WANDA: Ich schreibe nie etwas auf. Ich würde eher davon sprechen, dass man ein Lied fantasiert. Oder „vorhört“, bevor es da ist.

Ein Song auf dem Album heißt „Ein komischer Traum“. Das ganze Album klingt wie einer. Überall geistert es.
WANDA: Ich glaube, ich dringe immer tiefer in mein Unterbewusstsein vor. Ich wollte mich in erster Linie durch meine Texte auf die Suche nach mir selbst machen. Gestoßen bin ich auf verschiedene „Michs“. Und irgendwo in mir lebt ja auch nichts anderes als der Prototyp des Menschen in dieser Zeit. Ich suche immer nach allgemeinen Qualitäten. Ich glaube nicht, dass die Menschen nur gefühllose Roboter sind, die auf Instagram hängen. Ich glaube, dass Menschen angefüllt sind mit Ängsten, Träumen, Sehnsüchten, Wünschen, Hoffnungen, Schmerz, Liebe. Ich versuche das Allgemeine zu finden, nicht das Trennende. Zum Teil sind diese Lieder wahnsinnig persönlich. Aber zum Teil sind sie auch verallgemeinerbar.

Gibt es Songs, die Wanda nicht schreiben kann, weil es nicht zur Marke passt?
WANDA: Nicht wirklich, glaube ich. Weil wir über die Jahre zu dieser Musik geworden sind. Man sagt dieser Band und diesen Liedern ja immer eine Signatur nach. Das find ich total schmeichelhaft. Für mich ist unser Liederspektrum aber total divers. Ich bin da auch nicht einverstanden, wenn man sagt, dass es etwas ganz Typisches gibt bei Wanda. Ich glaube eher, dass das Gefühl ein verbindendes Element ist. Und die Texte, die immer irgendwie um Optimismus ringen. Das ist vielleicht etwas Typisches. Dieser Wanda-Erzähler, dieses lyrische Ich, steht immer kurz vor seiner Vernichtung. Und rappelt sich doch wieder hoch und macht weiter. Dieses Weitermachen ist wahrscheinlich das Thema, das alles irgendwie zusammenhält. Die Suche nach Leidenschaft, Lust, Liebe und einem guten Leben.
POPPE: Es wird auch immer eine E-Gitarre und ein Schlagzeug geben. Wir sind keine ausstudierten Auftragsmusiker. Deshalb können wir nur Wanda sein.

Warum seid ihr seit knapp fünf Jahren noch immer die gefühlt einzig relevante Rockband in Österreich?
WANDA: Wir hatten Zeit. Wir waren eine Musikergeneration, für die sich keiner interessierte. Wir haben uns bemüht, ein gewisses Rock‘n’Roll-Idiom in die Gegenwart zu übersetzen. Darauf kommt nicht jeder. Das ist 2014 mit Wanda noch einmal passiert und wohl auch gelungen.
Poppe: Hoffentlich kommt was nach. Eine Band, die sich nicht zu früh zerstören lässt von einem falschen Versprechen.

„Ciao“ heißt euer neues Album. Wie verabschiedet ihr euch am liebsten?
WANDA: Bis zum nächsten Mal.