Wenn jemand von einem treuen Stammpublikum sprechen darf, das ihm seit Jahrzehnten treu ergeben folgt und durch alle Höhen und Tiefen trägt, dann wohl Konstantin Wecker. Und auch auf der Grazer Kasemattenbühne wurde der 72 Jahre alte Liedermacher Sonntag abend vom Publikum liebevoll und begeistert begrüßt wie ein guter, alter Bekannter. Wecker dankte es den rund 900 Zuhörern mit einem dreistündigen Konzertereignis, das voll Poesie und Politik steckte.
Diesmal trat Konstantin Wecker in Triobesetzung auf. Begleitet wurde er von der Celllistin Fany Kammerlander und seinem langjährigen musikalischen Weggefährten Jo Barnikel am Klavier. In dieser Konstellation schlug der Bayern-Barde eher leisere Töne an - seine aufrechte politische Gesinnung ist und bleibt aber unüberhörbar. Wecker hat schon vor Jahrzehnten Lieder gegen Nationalismus, Faschismus, Rassismus und Umweltzerstörung geschrieben, die heute gespenstisch aktuell anmuten.
Der 72-Jährige, der stimmlich und körperlich bestens disponiert ist, aber dennoch (oder vielleicht deswegen) gerne lustvoll mit seinem Alter kokettierte, rief zu einer "Revolution der Zärtlichkeit" auf, die aber zivilen Ungehorsam und mutigen Widerstandsgeist nicht ausschließt. Oft reicht es schon, nicht wegzusehen. Und wer jetzt meint, dass da zuviel an kitschigem Pathos mitschwingt: Eine ganz ähnliche Wortwahl hat bereits Dostojewski getroffen.
Zwischen den Songs trägt Wecker immer wieder Gedichte vor, erinnert in berührenden Szenen an den geliebten Vater und nimmt sich selbst und seine diversen Achterbahnfahrten durch das Leben auf die Schaufel. "Ich habe keine Weisheiten", bekennt er. "Nur einige Einsichten und ab und zu auch Absichten."
Das Programm ist kein fades Best-of, auch unbekanntere Stück finden Platz. Gegen Ende kommen aber die Wecker'schen Gassenhauer zum - umjubelten - Zug. "Tobe, zürne, misch dich ein - sage nein!" "Was für eine Nacht" ("Questa nuova realta") ist ebenfalls ein vielbeklatschter Klassiker und der Textzeile "Die Dummheit macht sich wieder breit" nicht zu widersprechen. "Wenn der Sommer nicht mehr weit ist", die unsterbliche Hymne für alle Jahreszeiten, ist eingebettet in ein furioses Klavierduell mit Joe Barnikel.
Ein wunderbarer, nachdenklicher, politisch hellwacher und zugleich poetischer Abend endet naturgemäß mit Lyrik und der schönen Zeile: "Der Augenblick ist immer." Konstantin Wecker bedankt sich noch bei "einem Publikum, das drei Stunden lang bei Gedichten zuhört".
Was für eine Nacht. Und gerne wieder.