Er hat wahrlich wechselhafte Zeiten hinter sich. Höhenflüge, Gleitflüge, Bruchlandungen. Doch Konstantin Wecker ist einer, der immer wieder aufgestanden ist. Und all seine Stürze haben einem Körperteil nichts anhaben können: seinem Rückgrat.
Poesie und Widerstand heißt das Programm, mit dem Wecker zum 70er auf Tour geht. Und es ist gleichzeitig Lebensmotto eines Songpoeten, der schon mehr als 50 Jahre auf der Bühne steht.
Das Publikum in Graz - größtenteils wohl Wegbegleiter. Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten darf man in diesem Fall ohne Übertreibung sagen. Gemeinsam durch dick und dünn. Die Beziehung zwischen Künstler und Fans ist eine ganz besondere. Gemeinsam ist man älter geworden, gemeinsam muss man feststellen, dass die Themen, über die Wecker singt, mehr denn je Gültigkeit haben: Es geht um Nationalismus, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Kriegstreiberei, die Verrohung im Allgemeinen.
Keine Altersmilde
Dagegen singt Konstantin Wecker seit mehr als 50 Jahren an. Und seine Wut, sie hat sich zum Glück auch im Alter nicht gelegt. Doch es sind auch die ganz ruhigen, zärtlichen Momente, die an diesem Abend besonders berühren. Die Gedanken an die beiden Söhne, die flügge geworden sind; die Erinnerungen an den geliebten Vater, ohne den der Künstler Wecker nicht denkbar wäre.
Drei Stunden lang führt ein leicht verkühlter, aber stimmsicherer Wecker durch seine Welt. Begleitet wird er von einer großartigen Band, die unter Strom steht, aber auch die zarten Töne beherrscht. Mit "Sage nein!" gibt Wecker die Richtung vor. Der "alte Kaiser" marschiert auf bzw. stirbt, "Wenn der Sommer nicht mehr weit ist" fehlt nicht, und nicht erst am Ende wird einem "Inwendig warm".
Im Zugabenblock begibt sich Konstantin Wecker mitten unters Publikum. Aber dort war er ja immer schon. Ganz zum Schluss bedankt sich der wunderbar widerständische Poet beim Leben. Die Menschen danken ihm mit frenetischem Applaus. Für diesen Abend voll Nachdenklichkeit und Zärtlichkeit. Es war ein Gedicht!